Old Shatterhand, das bin ich: Die Lebensgeschichte des Karl May (Beltz & Gelberg - Biographie) - gebunden oder broschiert

Hetmann, Frederik: Old Shatterhand das bion ich. Die Lebensgeschichte des Karl May. Weinheim, Beltz 2000. 317 S. Ppbd. mit Schutzumschlag., Frederik Hetmann hat schon so viele Biografien geschrieben, dass man sie kaum zu zählen wagt. Jetzt gibt es eine neue aus seiner Feder: die außerordentlich aufregende Lebensbeschreibung des sächsischen Schriftstellers Karl May (1842-1912). Hetmann liebt seinen Protagonisten, das spürt man beim Lesen dieses Buches sehr schnell. Und er teilt diese Liebe mit einer Millionen starken Fangemeinde. Immerhin hat Karl May den edlen Häuptling Winnetou erfunden, dazu Old Shatterhand, Kara Ben Nemsi, Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawud al Gossarah und eine ganze Reihe anderer höchst einprägsamer Figuren.

Von der bedrückend armseligen Kindheit des späteren "Großschriftstellers" in der Kleinstadt Ernstthal erzählt Hetmann ebenso einfühlsam wie von seinen Leiden als Zögling eines Lehrerseminars. Diese Bildungseinrichtung, die eher einem Zuchthaus glich, musste der junge Karl vorzeitig verlassen, weil er sechs Kerzen entwendet hatte. Das war der Anfang einer gleichermaßen tragischen wie komischen Laufbahn als Ehebrecher und Dieb, die schließlich in eine mehrjährige Haftstrafe mündete. Nach deren Verbüßung begann Karl May mit seiner im Gefängnis geplanten Schriftstellerkarriere. Dabei erfand er nicht nur eine lange Reihe von Romanen, von denen viele weltberühmt wurden, sondern auch noch seinen eigenen Lebenslauf. Seine zeitgenössische Lesergemeinde konnte nicht ahnen, dass der angeblich weitgereiste, selbsternannte Dr. phil. weder ein Studium absolviert hatte noch jemals aus seinem Heimatland herausgekommen war. Erst als alter Mann bereiste er die Schauplätze seiner Romane in Amerika und im Orient.

Frederik Hetmann beschreibt den Lebensweg des genialen Hochstaplers mit viel Anteilnahme, manchmal ein bisschen überschwenglich aber -- wo es nötig scheint -- auch mit gelegentlich ironischer Distanz. Das Vergnügen beim Lesen dieses spannenden und unterhaltsamen Buches ist bestimmt nicht geringer als das, welches der Karl May-Verehrer beim Schmökern in einem Winnetou-Roman empfindet! Außerdem bietet die Biografie eine Menge geschickt verpacktes Wissen über sieben Jahrzehnte deutscher Geschichte. Nur der ärmliche und lieblos gemachte Bildteil enttäuscht. --Ursula Umsand