Mastermind Of Terror: Die Drahtzieher des 11. September berichten - Taschenbuch

Tausende Meter Archivmaterial zeugen von der politischen Lebensleistung des Johannes Rau. Rechtzeitig zu seiner Ernennung erschienen im Sommer 1999 die beiden Biographien Johannes Rau. Der Bundespräsident und Johannes Rau. Eine Biographie. mit seiner auf ca. zweimal 250 Seiten eingedampften Vita. Sie wurden im März/April 1999 abgeschlossen und ihre Titel zeugen von der frühen Gewißheit, daß Rau es schaffen würde. Die grundsätzliche Eignung von Rau für dieses Amt wird in beiden Büchern wegen seiner außergewöhnlichen integrierenden Fähigkeiten ausdrücklich bejaht. Vorbehalte und Stirnrunzeln sind vorsichtig über die Texte verstreut. Beide Bücher schöpfen spürbar aus den gleichen Quellen und verwenden nahezu die gleichen Zitate. Koordinationsproblemen zwischen den Koautoren ist es wohl zuzuschreiben, daß man viele Fakten in jedem Buch zweimal lesen darf, manchmal auch ohne Kommentar unterschiedlich interpretiert.

Beide Bücher zeichnen ein glaubwürdiges Psychogramm des Bruder Johannes: Ein Menschenfischer wie sein Vater, auf Konsens bedacht, umsichtig zu Werke gehend. Sehr belesen, bibelfest, ein legendärer, begnadeter Erzähler und warmherziger Redner. Ein dialogischer Mensch. Ein Workaholic. Ein unermüdlicher Versöhner und Brückenbauer. Deutsche Nachkriegsgeschichte in Anekdoten. Instinkt, Taktik, Raffinesse (und Ellenbogen, wo es pressierte). Ein genialer, äußerst subtil agierender Selbstdasteller, der die Macht seines Wortes kennt, sich auf Wirkung seiner persönlichen Präsenz verläßt und weniger auf Strukturen, Papiere und Institutionen. Seine Politik: ein mikrokosmisches Geflecht aus persönlichen Beziehungen. -- Landesmeister im Wegtauchen. Pietistisch zerrissen, seine Verletzlichkeit hinter lockeren, oft überdrehten Auftritten versteckend. Nicht sehr entschlußfreudig, keine starke Führungspersönlichkeit, eher ein Chairman als ein Macher. Ob ein Einzelgänger, darüber sind sich die Biographen uneinig.

Ein Fundamentalsozialist war er nie, eher Gefühlssozialist ohne klassenkämpferischen Touch, ohne Schwielen an den Händen, ohne proletarisches Gehabe. Ein überzeugter Christ, der wenn er -- wie fast immer -- mitreißend spricht, allein, oder mit anderen Menschen, gerne vertraute Bilder verwendet, Szenen aus dem Alten und Neuen Testament, Bibelzitate, Anekdoten -- und Dönkes. Solches liest man in der insgesamt kritischeren Biographie Johannes Rau. Der Bundespräsident von Filmer/Klein. Sie fragen sich, ob Rau mehr sein wird als ein bibelfester Grußonkel. Er besitze, so ließen sich namhafte Politiker und Autoren vernehmen, die Gabe, Verständnis für andere Leute zu wecken und die Menschen näher zusammenzubringen, er werde helfen, die Entfremdung zwischen Ost- und Westdeutschen abzubauen, den derzeit sich noch verbreiternden Riß zu schließen.

Im Filmer-Klein-Buch ist der private Rau farbiger geraten. Man liest z.B. in der Pubertät habe den Predigersohn die in den offiziellen Biographien verschwiegene Zauberberg-Krankheit befallen, über die man in anständigen, kleinbürgerlichen Kreisen nicht spricht und man erhält einen Blick auf die vierköpfige Familie. Diese Biographie ist knapp und synthetisch gehalten, angenehm und flüssig zu lesen und über weite Strecken voll sprachlicher Glanzlichter. In ihr kommen Kollegen und Zeitgenossen Raus auch direkt mit Stellungnahmen zu Wort, u.a. Burkhard Hirsch, Wolfgang Klement, Rudolf Scharping, Richard Schröder, Gregor Gysi, Jürgen W. Möllemann und Bodo Hombach. Wenn es mit Rau als Bundespräsident gut geht, dann wahrscheinlich sehr gut. Er wird mit den Deutschen nicht zu neuen Ufern aufbrechen, sie aber auch nicht in Untiefen treiben. Wie Roman Herzog nach wenigen Staatsbesuchen die heimatliche Enge abgestreift hatte und zu Hochform auflief, könnte Rau das auch gelingen. --Friedrich Geiss