Disziplinäres & Interdisziplinäres. Kolloquium zu Ehren von Lutz-Günther Fleischer, Herbert Hörz, Hans-Jürgen Treder & Siegfried Wollgast - Erstausgabe
2019, ISBN: 9783864641763
Taschenbuch
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], Inhaltsverzeichnis Vorwort Gerhard Banse, Horst Kant Der vorliegende Doppelband der „Sitzungsberichte“ vereinigt mit dem Th… Mehr…
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], Inhaltsverzeichnis Vorwort Gerhard Banse, Horst Kant Der vorliegende Doppelband der „Sitzungsberichte“ vereinigt mit dem Thema „Disziplinäres und Interdisziplinäres – Historisches und Systematisches“ Beiträge, die mit folgenden vier Veranstaltungen der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften in Beziehung stehen, d.h. auf gehaltene Vorträge zurückgehen oder durch sie angeregt wurden: – am 11. Oktober 2018: Unbestimmtheit, Unsicherheit, Fehlerhaftigkeit und Fehlertoleranz in Natur, Technik und Gesellschaft – Ehrenkolloquium für Lutz-Günther Fleischer zum 80. Geburtstag,1 – am 09. November 2018: Kolloquium „In memoriam Siegfried Wollgast (1933–2017)“,2 – am 09. November 2018: Zeitmaß und Kosmologie – Kolloquium anlässlich des 90. Geburtstages von Hans-Jürgen Treder (1928–2006),3 und – am 29. November 2018: Philosophie und Naturwissenschaften – Ehrenkolloquium für Herbert Hörz anlässlich seines 85. Geburtstages.4 Lutz-Günther Fleischer kann auf vier erfüllte Jahrzehnte akademischer Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule Leuna-Merseburg, der Humboldt- Universität zu Berlin und der Technischen Universität Berlin mit einer bemerkenswerten Weite seiner Lehr- und Forschungsgebiete zurückblicken, die – theoria cum praxi! – von der Thermodynamik irreversibler Prozesse bis zur industrienahen Verfahrenstechnik, Biotechnologie und Technikfolgenabschätzung reicht. Bis zu seiner Emeritierung 2006 leitete er den Fachbereich Lebensmittelverfahrenstechnik sowie das traditionsreiche Berliner Zuckerinstitut und war Dekan der Fakultät für Prozesswissenschaften der TU Berlin. Gerhard Banse betont in seiner Laudatio, dass sich die Forschungen des Geehrten mit ihrer naturwissenschaftlichen Durchdringung, praktischen Nutzung und gesellschaftlichen Bewertung durch eine ausgeprägte Komplexität und Interdisziplinarität auszeichnen. Zudem war und ist ihm die Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse ein besonderes Anliegen, das er unter anderem im Präsidium der URANIA (1975–1990), zuletzt als 1. Vizepräsident, und im Kollegium der Leibniz-Sozietät (seit 2004) mit einer Vielzahl von Veranstaltungen und Veröffentlichungen verfolgte. Die Gelehrtengesellschaft danke ihm insbesondere für sein unermüdliches, umsichtiges und erfolgreiches Wirken als Sekretar der Klasse Naturwissenschaften und Technikwissenschaften und Mitglied des Präsidiums seit 2012. Gemäß der im Rahmenthema genannten Wirkungsbereiche folgen drei Beiträge, jeweils durch einen Philosophen, einen Naturwissenschaftler und einen Informatiker. Der Wissenschaftsphilosoph Karl-Friedrich Wessel stellt in seinem Beitrag Der ganze, unvollkommene Mensch (und seine Technik) das „einfache Bild“ von den zwei Kulturen, die Kluft zwischen Natur- und Geisteswissenschaften und das „Auseinanderdriften beider Rationalitäten“ infrage und sucht nach Begriffen, die der Vielschichtigkeit unseres Denkens gerecht werden. Worte wie „Unbestimmtheit“, „Unsicherheit“ oder „Fehlerhaftigkeit“ seien dafür weniger geeignet als der Begriff „Unvollkommenheit“, der nicht nach Wahrheit, Genauigkeit oder Messbarkeit frage, sondern die Welt des Denkens offen halte. Wessel veranschaulicht das am Beispiel der Theorie der Selbstorganisation mit ihren erstaunlichen Grenzüberschreitungen. Die Unvollkommenheit sei auch ein Kennzeichen bestimmter, wissenschaftsimmanenter „ästhetischer Fehler“, die der Unbestimmtheit und Unsicherheit des Augenblicks geschuldet und von beliebigen Fehlern zu unterscheiden sind. Sie sind das unvermeidbare Resultat des Strebens nach Erkenntnis und Ausdruck der Ästhetik menschlichen Handelns. Die Quintessenz des Beitrages lautet: „Die Schönheit der Wahrheit liegt in ihrer Unvollkommenheit.“ Mit Fehlern befasst sich auch der Physiker Werner Ebeling im gemeinsam mit Rainer Feistel verfassten Beitrag Die Rolle von Fehlern in der Evolution bei der Entstehung des Neuen, des Lebens und der Informationsverarbeitung. Fehler sind – so ihre Definition – kleine, asymmetrische Abweichungen zwischen Trägern symbolischer Information. Der Fehler-Begriff ist aber anthropomorph und tauge nicht für Naturprozesse, die vielmehr Schwankungen unterliegen. Solche stochastischen Variationen bildeten die Voraussetzung für die Entstehung und Evolution des Lebens, was an komplexen, emergenten Vorgängen wie der Selbstorganisation von Biopolymeren und der biologischen Informationsübertragung näher erläutert wird. Ebeling und Feistel wenden sich dann zentralen Konzepten der Thermodynamik zu und kennzeichnen die Entropie als eine universelle Größe. Mit jedem Informationsaustausch ist ein Fluss von Entropie verbunden, der mithin in fast allen Prozessen in Natur, Technik und Gesellschaft eine Schlüsselrolle spielt. Der Wissenschaftsphilosoph und Informatiker Klaus Fuchs-Kittowski wendet sich in seinem Beitrag über das Verständnis der Information und der digitalen Transformation in einer vernetzten und verwundbaren Gesellschaft der Stellung und Verantwortung des Menschen in riskanten informationstechnologischen Systemen zu. Er führt vor Augen, dass die Automation als sozialer Prozess unvermeidlich mit inhärenten Unbestimmtheiten, Unsicherheiten und Ungewissheiten einhergehe und auch nicht-intendierte Folgen habe. Um die Potenzen und Grenzen der automatisierten Informationsverarbeitung zu verdeutlichen, setzt sich Fuchs-Kittowski in einem theoretischen Exkurs eingehender mit dem Informationsbegriff auseinander und unterscheidet drei Informationskonzepte: ein strukturelles (mathematisches), ein funktionelles (modelltheoretisches) und ein evolutionäres Verständnis der Information. Zur Gewährleistung größerer Sicherheit wird heute immer mehr Automatisierungstechnik in gesellschaftliche Arbeits- und Lebensprozesse einbezogen. Es entstehen hochkomplexe informationstechnologische Systeme, die aber – so die Erfahrung aus bitteren Reaktor-, Flugzeug- oder Schiffsunglücken – die menschliche Gesellschaft nicht nur sicherer, sondern zugleich auch verwundbarer machen. Das Fazit heißt: In hochkomplexen informationstechnologischen Systemen muss der Mensch in der Verantwortung sein und bleiben! In seinen Schlussbemerkungen Die perfekte Imperfektion des Faktischen – Gedanken zum intelligenten Umgang mit der Kompliziertheit und Komplexität dankt Lutz-Günter Fleischer den Vortragenden und stellt zugleich die Grundgedanken, die er selbst für dieses Kolloquium im Vorfeld den Referenten in einem Arbeitspapier unter dem Titel Unbestimmtheit, Unsicherheit, Fehlerhaftigkeit und Fehlertoleranz in Natur, Technik und Gesellschaft: Die Phänomene, deren Wirkungen, Erfassung/Bestimmung, realistische Kennzeichnung und effektive Beherrschung mit auf den Weg gegeben hatte, noch einmal ausführlich dar. Ausgangspunkt sind dabei Überlegungen zu Wesen und Konzepten von Entropie und Information – modifizierte entropische und informationelle Konzepte als verallgemeinerungsfähige Denk- und Werkzeuge. Das führt Fleischer letztlich – unter Reflexion der Ausführun12 Gerhard Banse, Horst Kant gen seiner Vorredner – zu der schon von Manfred Eigen vertretenen These, dass jegliches explizite und implizite menschliche Verhalten einer gewissen Fehlerhaftigkeit unterliegt. Neues in physikalischen, chemischen oder biotischen ebenso wie in kulturellen und technologischen Systemen weise als Mitgift einen kleinen „Makel“ (einen „Eigenschen Fehler“) auf, um sich gerieren und entfalten zu können – man spricht von perfekten Imperfektionen. Dazu erläutert Fleischer abschließend verschiedene Beispiele aus den Bereichen Ästhetik, Physikalisch-Technisches (hier: Kristallografie), Biotik sowie der physikalisch-mathematischen Modellierung. *** Der Ehrenpräsident der Leibniz-Sozietät, Herbert Hörz, würdigt Siegfried Wollgast in seiner Eröffnung als langjährigen Freund und Kollegen, als Kooperationspartner, als ausgewiesenen Philosophiehistoriker sowie als unermüdlichen Akteur in der Leibniz-Sozietät, vor allem im Arbeitskreis Toleranz. Wollgast war im Jahr 1995 zum Mitglied der Leibniz-Sozietät gewählt worden und am 26. Juni 2017 verstorben. Mit den nachfolgenden Beiträgen werden je unterschiedliche Facetten des umfangreichen Wirkens von Wollgast nochmals deutlich gemacht, denn die Breite seines Wirkens ist beeindruckend. Für Berthold Heinecke, der im Jahre 1990 bei Wollgast in Dresden promoviert hat, ist es ein zufälliges Zusammentreffen, dass dreißig Jahre nach der Veröffentlichung der „Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, 1550–1650“ im damaligen Akademie-Verlag Berlin 1989 das Gedenkkolloquium für Wollgast stattfindet. Dieses Werk – 1993 in zweiter Auflage erschienen – kann nicht nur, was Anspruch und Umfang betrifft (über 1.000 Druckseiten!), sondern auch nach eigenem Zeugnis des Verfassers mit Fug und Recht als ein Lebenswerk angesehen werden. Es stellte zu seiner Zeit eine Pioniertat dar. Heinecke nimmt in seinem Beitrag Dreißig Jahre ‚Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, 1550–1650’ dieses Werk und seine Rezeption in den Blick und leitet daraus zukünftige Aufgaben für die Geschichtsschreibung der frühneuzeitlichen Philosophie aus heutiger Perspektive ab. Armin Jähne, Vizepräsident der Leibniz-Sozietät, geht in Der ‚Oberlausitzer‘ Siegfried Wollgast... davon aus, dass es nicht nur die deutsche und die europäische Frühaufklärung war, mit der sich Siegfried Wollgast die längste 5 Vgl. https://leibnizsozietaet.de/nekrolog-auf-unser-mitglied-prof-dr-siegfried-wollgast/# more-13073 Vorwort 13 Zeit seines Wissenschaftlerlebens beschäftigte, denn das Spektrum seiner Forschungen ginge weit darüber hinaus. Jähne erinnert beispielsweise an die vorbildlichen Studien von Wollgast zu Karl Christian Friedrich Krause, die ihn auch auf Johann Gottlieb Fichte zurückführten. Fichte – wie auch Lessing – waren in Wollgasts philosophiegeschichtlichem Gedankenkreis immer präsent. Es sei die erstaunliche Vielzahl von Frühaufklärern in der Oberlausitz, die bei Wollgast eine besondere Affinität zu dieser eigenartigen politischen Region sui generis wachsen ließ. Es war vor allem Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, zu dem er sich wissenschaftlich hingezogen fühlte. Bewundernswert sei, so der Autor, wie weit Wollgast den Bogen der ihn bewegenden Themen spannte: von der Frühaufklärung über die Utopie in Vergangenheit und Gegenwart, einschließlich von „‚Realem Sozialismus’ und Utopie“, bis hin zu aktuellen Problemen von Toleranz und Intoleranz, Patriotismus und Vaterland. Siegfried Wollgast und das ‚Phänomen‘ Technik ist das Thema des sich anschließenden Beitrags von Gerhard Banse, Präsident der Leibniz-Sozietät. Er konstatiert, dass es im vielfältigen wissenschaftlichen Wirken von Wollgast einen kurzen Zeitraum gab, in dem die ebenso erfolg- wie ergebnisreiche philosophische Beschäftigung mit dem „Phänomen“ Technik ein zentraler Gegenstand war. Inhaltlich ging es Wollgast dabei weniger um die systematische Behandlung der vielfältigen aktuellen Interdependenzen zwischen Philosophie und Technik, sondern sein Interesse galt vor allem (philosophie) historischen Zusammenhängen, galt der Geschichte dieser Interdependenzen, diese dabei nach „Mustern“ und Wiederholungen, aber auch nach Neuansätzen durcharbeitend. Im Beitrag wird ein kurzer Rückblick auf und ein ebenso kurzer Einblick in das gemeinsame Erarbeiten von „Philosophie und Technik“ aus dem Jahr 1979 gegeben. Anschließend befasst sich Hartmut Hecht mit Vernunft und Glaube. Denkanstöße von Siegfried Wollgast. Nach Hecht habe das Verhältnis von Vernunft und Glaube Wollgast zeit seines Lebens beschäftigt und das Thema sei geeignet, sowohl seine Forschungsmethodologie als auch die Kreativität seines Denkens exemplarisch darzustellen. Die Auseinandersetzung von Wollgast mit diesem Thema war zunächst durch seinen bevorzugten Forschungsgegenstand, die Frühaufklärung in Deutschland und Polen, bestimmt. Sie erlangte dann zunehmend allgemeinere Bedeutung und führte schließlich zu Überlegungen, die den Glauben als philosophisches Problem thematisierten. Darauf geht Hecht detaillierter ein. Hermann Klenner schließlich greift in Krauses „Naturrecht für die ganze Welt“ einen inhaltlichen Schwerpunkt im Wirken von Wollgast auf, der 14 Gerhard Banse, Horst Kant Karl Christian Friedrich Krause für einen „Philosophen mit Weltgeltung“ hielt. Für Wollgast war Krause „ein Brückenbauer zwischen Naturrecht und Utopie“, „ein Gegner der Sklavenhalter und -händler wie auch des Prunkstandes der Adligen“, „ein Gegner der durch die Gleichheit vor dem Gesetz gesicherten Ungleichheit unter dem Gesetz“, „ein Vorreiter der Sozialstaatlichkeit samt Recht auf Arbeit, Nahrung, Wohnung und Bildung“, „ein Feind jedes Chauvinismus“, jemand, „der sich zur Ebenbürtigkeit von Mann und Frau bekannte“, „ein Wegbereiter für die Erziehung von Verbrechern durch Verschaffung von Arbeitsgelegenheiten, statt einer primitiven Unterdrückung in Isolationskerkern“. Siegfried Wollgast war – das machen alle Beiträge deutlich – ein Wissenschaftler, der akribisch aus einem enzyklopädischen Wissensfundus schöpfte und dabei stets Anreger und Ratgeber, aber auch (hilfreicher) Kritiker war. Mit dem Kolloquium wurde deutlich, dass er in seiner so vielseitigen Persönlichkeit nicht wenigen ein hilfreicher und treuer Freund geworden war. *** Der 90. Geburtstag unseres vor zwölf Jahren verstorbenen Mitgliedes Hans- Jürgen Treder (1928–2006) war Anlass, sein Wirken in Erinnerung zu rufen. Der nachmittägliche Teil der Plenarsitzung am 8. November 2018 stand deshalb unter dem Thema „Zeitmaß und Kosmologie“. In Ergänzung zu diesem Thema erinnerte Horst Kant eingangs der Veranstaltung an die 50. Todestage von Otto Hahn und Lise Meitner in diesem Jahr. Hahn war 1924 zum Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (eine Vorgängergesellschaft der Leibniz-Sozietät) gewählt worden, Meitner erhielt im gleichen Jahre die Silberne Leibniz-Medaille dieser Akademie und wurde 1948 als erste Wissenschaftlerin Mitglied der dann Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Nach einer kurzen Würdigung ihrer Leistungen wies er auf zwei neue Veröffentlichungen hin. Dierck-Ekkehard Liebscher (Potsdam) hat für seinen Beitrag das Thema Eigenzeit und Weltalter gewählt. Dabei wird versucht, das subjektive Empfinden der Zeit auszublenden und Aspekte des Begriffes Zeit aus der Sicht der Physik zu beleuchten. Der Autor handelt den Begriff Zeit in vier Unterkapiteln ab: Kalender, Uhren, Eigenzeit , DE, [SC: 8.00], Neuware, gewerbliches Angebot, 14,8 x 21 cm, 300, [GW: 390g], [PU: Berlin], 1. Auflage, Banküberweisung, Offene Rechnung, PayPal, Offene Rechnung (Vorkasse vorbehalten), Internationaler Versand, [CT: Naturwissenschaft/Mathematik / Sonstiges - Naturwissenschaften]<
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Disziplinäres & Interdisziplinäres. Kolloquium zu Ehren von Lutz-Günther Fleischer, Herbert Hörz, Hans-Jürgen Treder & Siegfried Wollgast - Erstausgabe
2019, ISBN: 9783864641763
Taschenbuch
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], Inhaltsverzeichnis Vorwort Gerhard Banse, Horst Kant Der vorliegende Doppelband der „Sitzungsberichte“ vereinigt mit dem Th… Mehr…
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], Inhaltsverzeichnis Vorwort Gerhard Banse, Horst Kant Der vorliegende Doppelband der „Sitzungsberichte“ vereinigt mit dem Thema „Disziplinäres und Interdisziplinäres – Historisches und Systematisches“ Beiträge, die mit folgenden vier Veranstaltungen der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften in Beziehung stehen, d.h. auf gehaltene Vorträge zurückgehen oder durch sie angeregt wurden: – am 11. Oktober 2018: Unbestimmtheit, Unsicherheit, Fehlerhaftigkeit und Fehlertoleranz in Natur, Technik und Gesellschaft – Ehrenkolloquium für Lutz-Günther Fleischer zum 80. Geburtstag,1 – am 09. November 2018: Kolloquium „In memoriam Siegfried Wollgast (1933–2017)“,2 – am 09. November 2018: Zeitmaß und Kosmologie – Kolloquium anlässlich des 90. Geburtstages von Hans-Jürgen Treder (1928–2006),3 und – am 29. November 2018: Philosophie und Naturwissenschaften – Ehrenkolloquium für Herbert Hörz anlässlich seines 85. Geburtstages.4 Lutz-Günther Fleischer kann auf vier erfüllte Jahrzehnte akademischer Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule Leuna-Merseburg, der Humboldt- Universität zu Berlin und der Technischen Universität Berlin mit einer bemerkenswerten Weite seiner Lehr- und Forschungsgebiete zurückblicken, die – theoria cum praxi! – von der Thermodynamik irreversibler Prozesse bis zur industrienahen Verfahrenstechnik, Biotechnologie und Technikfolgenabschätzung reicht. Bis zu seiner Emeritierung 2006 leitete er den Fachbereich Lebensmittelverfahrenstechnik sowie das traditionsreiche Berliner Zuckerinstitut und war Dekan der Fakultät für Prozesswissenschaften der TU Berlin. Gerhard Banse betont in seiner Laudatio, dass sich die Forschungen des Geehrten mit ihrer naturwissenschaftlichen Durchdringung, praktischen Nutzung und gesellschaftlichen Bewertung durch eine ausgeprägte Komplexität und Interdisziplinarität auszeichnen. Zudem war und ist ihm die Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse ein besonderes Anliegen, das er unter anderem im Präsidium der URANIA (1975–1990), zuletzt als 1. Vizepräsident, und im Kollegium der Leibniz-Sozietät (seit 2004) mit einer Vielzahl von Veranstaltungen und Veröffentlichungen verfolgte. Die Gelehrtengesellschaft danke ihm insbesondere für sein unermüdliches, umsichtiges und erfolgreiches Wirken als Sekretar der Klasse Naturwissenschaften und Technikwissenschaften und Mitglied des Präsidiums seit 2012. Gemäß der im Rahmenthema genannten Wirkungsbereiche folgen drei Beiträge, jeweils durch einen Philosophen, einen Naturwissenschaftler und einen Informatiker. Der Wissenschaftsphilosoph Karl-Friedrich Wessel stellt in seinem Beitrag Der ganze, unvollkommene Mensch (und seine Technik) das „einfache Bild“ von den zwei Kulturen, die Kluft zwischen Natur- und Geisteswissenschaften und das „Auseinanderdriften beider Rationalitäten“ infrage und sucht nach Begriffen, die der Vielschichtigkeit unseres Denkens gerecht werden. Worte wie „Unbestimmtheit“, „Unsicherheit“ oder „Fehlerhaftigkeit“ seien dafür weniger geeignet als der Begriff „Unvollkommenheit“, der nicht nach Wahrheit, Genauigkeit oder Messbarkeit frage, sondern die Welt des Denkens offen halte. Wessel veranschaulicht das am Beispiel der Theorie der Selbstorganisation mit ihren erstaunlichen Grenzüberschreitungen. Die Unvollkommenheit sei auch ein Kennzeichen bestimmter, wissenschaftsimmanenter „ästhetischer Fehler“, die der Unbestimmtheit und Unsicherheit des Augenblicks geschuldet und von beliebigen Fehlern zu unterscheiden sind. Sie sind das unvermeidbare Resultat des Strebens nach Erkenntnis und Ausdruck der Ästhetik menschlichen Handelns. Die Quintessenz des Beitrages lautet: „Die Schönheit der Wahrheit liegt in ihrer Unvollkommenheit.“ Mit Fehlern befasst sich auch der Physiker Werner Ebeling im gemeinsam mit Rainer Feistel verfassten Beitrag Die Rolle von Fehlern in der Evolution bei der Entstehung des Neuen, des Lebens und der Informationsverarbeitung. Fehler sind – so ihre Definition – kleine, asymmetrische Abweichungen zwischen Trägern symbolischer Information. Der Fehler-Begriff ist aber anthropomorph und tauge nicht für Naturprozesse, die vielmehr Schwankungen unterliegen. Solche stochastischen Variationen bildeten die Voraussetzung für die Entstehung und Evolution des Lebens, was an komplexen, emergenten Vorgängen wie der Selbstorganisation von Biopolymeren und der biologischen Informationsübertragung näher erläutert wird. Ebeling und Feistel wenden sich dann zentralen Konzepten der Thermodynamik zu und kennzeichnen die Entropie als eine universelle Größe. Mit jedem Informationsaustausch ist ein Fluss von Entropie verbunden, der mithin in fast allen Prozessen in Natur, Technik und Gesellschaft eine Schlüsselrolle spielt. Der Wissenschaftsphilosoph und Informatiker Klaus Fuchs-Kittowski wendet sich in seinem Beitrag über das Verständnis der Information und der digitalen Transformation in einer vernetzten und verwundbaren Gesellschaft der Stellung und Verantwortung des Menschen in riskanten informationstechnologischen Systemen zu. Er führt vor Augen, dass die Automation als sozialer Prozess unvermeidlich mit inhärenten Unbestimmtheiten, Unsicherheiten und Ungewissheiten einhergehe und auch nicht-intendierte Folgen habe. Um die Potenzen und Grenzen der automatisierten Informationsverarbeitung zu verdeutlichen, setzt sich Fuchs-Kittowski in einem theoretischen Exkurs eingehender mit dem Informationsbegriff auseinander und unterscheidet drei Informationskonzepte: ein strukturelles (mathematisches), ein funktionelles (modelltheoretisches) und ein evolutionäres Verständnis der Information. Zur Gewährleistung größerer Sicherheit wird heute immer mehr Automatisierungstechnik in gesellschaftliche Arbeits- und Lebensprozesse einbezogen. Es entstehen hochkomplexe informationstechnologische Systeme, die aber – so die Erfahrung aus bitteren Reaktor-, Flugzeug- oder Schiffsunglücken – die menschliche Gesellschaft nicht nur sicherer, sondern zugleich auch verwundbarer machen. Das Fazit heißt: In hochkomplexen informationstechnologischen Systemen muss der Mensch in der Verantwortung sein und bleiben! In seinen Schlussbemerkungen Die perfekte Imperfektion des Faktischen – Gedanken zum intelligenten Umgang mit der Kompliziertheit und Komplexität dankt Lutz-Günter Fleischer den Vortragenden und stellt zugleich die Grundgedanken, die er selbst für dieses Kolloquium im Vorfeld den Referenten in einem Arbeitspapier unter dem Titel Unbestimmtheit, Unsicherheit, Fehlerhaftigkeit und Fehlertoleranz in Natur, Technik und Gesellschaft: Die Phänomene, deren Wirkungen, Erfassung/Bestimmung, realistische Kennzeichnung und effektive Beherrschung mit auf den Weg gegeben hatte, noch einmal ausführlich dar. Ausgangspunkt sind dabei Überlegungen zu Wesen und Konzepten von Entropie und Information – modifizierte entropische und informationelle Konzepte als verallgemeinerungsfähige Denk- und Werkzeuge. Das führt Fleischer letztlich – unter Reflexion der Ausführun12 Gerhard Banse, Horst Kant gen seiner Vorredner – zu der schon von Manfred Eigen vertretenen These, dass jegliches explizite und implizite menschliche Verhalten einer gewissen Fehlerhaftigkeit unterliegt. Neues in physikalischen, chemischen oder biotischen ebenso wie in kulturellen und technologischen Systemen weise als Mitgift einen kleinen „Makel“ (einen „Eigenschen Fehler“) auf, um sich gerieren und entfalten zu können – man spricht von perfekten Imperfektionen. Dazu erläutert Fleischer abschließend verschiedene Beispiele aus den Bereichen Ästhetik, Physikalisch-Technisches (hier: Kristallografie), Biotik sowie der physikalisch-mathematischen Modellierung. *** Der Ehrenpräsident der Leibniz-Sozietät, Herbert Hörz, würdigt Siegfried Wollgast in seiner Eröffnung als langjährigen Freund und Kollegen, als Kooperationspartner, als ausgewiesenen Philosophiehistoriker sowie als unermüdlichen Akteur in der Leibniz-Sozietät, vor allem im Arbeitskreis Toleranz. Wollgast war im Jahr 1995 zum Mitglied der Leibniz-Sozietät gewählt worden und am 26. Juni 2017 verstorben. Mit den nachfolgenden Beiträgen werden je unterschiedliche Facetten des umfangreichen Wirkens von Wollgast nochmals deutlich gemacht, denn die Breite seines Wirkens ist beeindruckend. Für Berthold Heinecke, der im Jahre 1990 bei Wollgast in Dresden promoviert hat, ist es ein zufälliges Zusammentreffen, dass dreißig Jahre nach der Veröffentlichung der „Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, 1550–1650“ im damaligen Akademie-Verlag Berlin 1989 das Gedenkkolloquium für Wollgast stattfindet. Dieses Werk – 1993 in zweiter Auflage erschienen – kann nicht nur, was Anspruch und Umfang betrifft (über 1.000 Druckseiten!), sondern auch nach eigenem Zeugnis des Verfassers mit Fug und Recht als ein Lebenswerk angesehen werden. Es stellte zu seiner Zeit eine Pioniertat dar. Heinecke nimmt in seinem Beitrag Dreißig Jahre ‚Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, 1550–1650’ dieses Werk und seine Rezeption in den Blick und leitet daraus zukünftige Aufgaben für die Geschichtsschreibung der frühneuzeitlichen Philosophie aus heutiger Perspektive ab. Armin Jähne, Vizepräsident der Leibniz-Sozietät, geht in Der ‚Oberlausitzer‘ Siegfried Wollgast... davon aus, dass es nicht nur die deutsche und die europäische Frühaufklärung war, mit der sich Siegfried Wollgast die längste 5 Vgl. https://leibnizsozietaet.de/nekrolog-auf-unser-mitglied-prof-dr-siegfried-wollgast/# more-13073 Vorwort 13 Zeit seines Wissenschaftlerlebens beschäftigte, denn das Spektrum seiner Forschungen ginge weit darüber hinaus. Jähne erinnert beispielsweise an die vorbildlichen Studien von Wollgast zu Karl Christian Friedrich Krause, die ihn auch auf Johann Gottlieb Fichte zurückführten. Fichte – wie auch Lessing – waren in Wollgasts philosophiegeschichtlichem Gedankenkreis immer präsent. Es sei die erstaunliche Vielzahl von Frühaufklärern in der Oberlausitz, die bei Wollgast eine besondere Affinität zu dieser eigenartigen politischen Region sui generis wachsen ließ. Es war vor allem Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, zu dem er sich wissenschaftlich hingezogen fühlte. Bewundernswert sei, so der Autor, wie weit Wollgast den Bogen der ihn bewegenden Themen spannte: von der Frühaufklärung über die Utopie in Vergangenheit und Gegenwart, einschließlich von „‚Realem Sozialismus’ und Utopie“, bis hin zu aktuellen Problemen von Toleranz und Intoleranz, Patriotismus und Vaterland. Siegfried Wollgast und das ‚Phänomen‘ Technik ist das Thema des sich anschließenden Beitrags von Gerhard Banse, Präsident der Leibniz-Sozietät. Er konstatiert, dass es im vielfältigen wissenschaftlichen Wirken von Wollgast einen kurzen Zeitraum gab, in dem die ebenso erfolg- wie ergebnisreiche philosophische Beschäftigung mit dem „Phänomen“ Technik ein zentraler Gegenstand war. Inhaltlich ging es Wollgast dabei weniger um die systematische Behandlung der vielfältigen aktuellen Interdependenzen zwischen Philosophie und Technik, sondern sein Interesse galt vor allem (philosophie) historischen Zusammenhängen, galt der Geschichte dieser Interdependenzen, diese dabei nach „Mustern“ und Wiederholungen, aber auch nach Neuansätzen durcharbeitend. Im Beitrag wird ein kurzer Rückblick auf und ein ebenso kurzer Einblick in das gemeinsame Erarbeiten von „Philosophie und Technik“ aus dem Jahr 1979 gegeben. Anschließend befasst sich Hartmut Hecht mit Vernunft und Glaube. Denkanstöße von Siegfried Wollgast. Nach Hecht habe das Verhältnis von Vernunft und Glaube Wollgast zeit seines Lebens beschäftigt und das Thema sei geeignet, sowohl seine Forschungsmethodologie als auch die Kreativität seines Denkens exemplarisch darzustellen. Die Auseinandersetzung von Wollgast mit diesem Thema war zunächst durch seinen bevorzugten Forschungsgegenstand, die Frühaufklärung in Deutschland und Polen, bestimmt. Sie erlangte dann zunehmend allgemeinere Bedeutung und führte schließlich zu Überlegungen, die den Glauben als philosophisches Problem thematisierten. Darauf geht Hecht detaillierter ein. Hermann Klenner schließlich greift in Krauses „Naturrecht für die ganze Welt“ einen inhaltlichen Schwerpunkt im Wirken von Wollgast auf, der 14 Gerhard Banse, Horst Kant Karl Christian Friedrich Krause für einen „Philosophen mit Weltgeltung“ hielt. Für Wollgast war Krause „ein Brückenbauer zwischen Naturrecht und Utopie“, „ein Gegner der Sklavenhalter und -händler wie auch des Prunkstandes der Adligen“, „ein Gegner der durch die Gleichheit vor dem Gesetz gesicherten Ungleichheit unter dem Gesetz“, „ein Vorreiter der Sozialstaatlichkeit samt Recht auf Arbeit, Nahrung, Wohnung und Bildung“, „ein Feind jedes Chauvinismus“, jemand, „der sich zur Ebenbürtigkeit von Mann und Frau bekannte“, „ein Wegbereiter für die Erziehung von Verbrechern durch Verschaffung von Arbeitsgelegenheiten, statt einer primitiven Unterdrückung in Isolationskerkern“. Siegfried Wollgast war – das machen alle Beiträge deutlich – ein Wissenschaftler, der akribisch aus einem enzyklopädischen Wissensfundus schöpfte und dabei stets Anreger und Ratgeber, aber auch (hilfreicher) Kritiker war. Mit dem Kolloquium wurde deutlich, dass er in seiner so vielseitigen Persönlichkeit nicht wenigen ein hilfreicher und treuer Freund geworden war. *** Der 90. Geburtstag unseres vor zwölf Jahren verstorbenen Mitgliedes Hans- Jürgen Treder (1928–2006) war Anlass, sein Wirken in Erinnerung zu rufen. Der nachmittägliche Teil der Plenarsitzung am 8. November 2018 stand deshalb unter dem Thema „Zeitmaß und Kosmologie“. In Ergänzung zu diesem Thema erinnerte Horst Kant eingangs der Veranstaltung an die 50. Todestage von Otto Hahn und Lise Meitner in diesem Jahr. Hahn war 1924 zum Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (eine Vorgängergesellschaft der Leibniz-Sozietät) gewählt worden, Meitner erhielt im gleichen Jahre die Silberne Leibniz-Medaille dieser Akademie und wurde 1948 als erste Wissenschaftlerin Mitglied der dann Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Nach einer kurzen Würdigung ihrer Leistungen wies er auf zwei neue Veröffentlichungen hin. Dierck-Ekkehard Liebscher (Potsdam) hat für seinen Beitrag das Thema Eigenzeit und Weltalter gewählt. Dabei wird versucht, das subjektive Empfinden der Zeit auszublenden und Aspekte des Begriffes Zeit aus der Sicht der Physik zu beleuchten. Der Autor handelt den Begriff Zeit in vier Unterkapiteln ab: Kalender, Uhren, Eigenzeit , DE, [SC: 3.00], Neuware, gewerbliches Angebot, 14,8 x 21 cm, 300, [GW: 390g], [PU: Berlin], 1. Auflage, Banküberweisung, Offene Rechnung, PayPal, Offene Rechnung (Vorkasse vorbehalten), Internationaler Versand, [CT: Naturwissenschaft/Mathematik / Sonstiges - Naturwissenschaften]<
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Disziplinäres & Interdisziplinäres. Kolloquium zu Ehren von Lutz-Günther Fleischer, Herbert Hörz, Hans-Jürgen Treder & Siegfried Wollgast - Erstausgabe
2019, ISBN: 9783864641763
Taschenbuch
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], Inhaltsverzeichnis Vorwort Gerhard Banse, Horst Kant Der vorliegende Doppelband der „Sitzungsberichte“ vereinigt mit dem Th… Mehr…
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], Inhaltsverzeichnis Vorwort Gerhard Banse, Horst Kant Der vorliegende Doppelband der „Sitzungsberichte“ vereinigt mit dem Thema „Disziplinäres und Interdisziplinäres – Historisches und Systematisches“ Beiträge, die mit folgenden vier Veranstaltungen der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften in Beziehung stehen, d.h. auf gehaltene Vorträge zurückgehen oder durch sie angeregt wurden: – am 11. Oktober 2018: Unbestimmtheit, Unsicherheit, Fehlerhaftigkeit und Fehlertoleranz in Natur, Technik und Gesellschaft – Ehrenkolloquium für Lutz-Günther Fleischer zum 80. Geburtstag,1 – am 09. November 2018: Kolloquium „In memoriam Siegfried Wollgast (1933–2017)“,2 – am 09. November 2018: Zeitmaß und Kosmologie – Kolloquium anlässlich des 90. Geburtstages von Hans-Jürgen Treder (1928–2006),3 und – am 29. November 2018: Philosophie und Naturwissenschaften – Ehrenkolloquium für Herbert Hörz anlässlich seines 85. Geburtstages.4 Lutz-Günther Fleischer kann auf vier erfüllte Jahrzehnte akademischer Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule Leuna-Merseburg, der Humboldt- Universität zu Berlin und der Technischen Universität Berlin mit einer bemerkenswerten Weite seiner Lehr- und Forschungsgebiete zurückblicken, die – theoria cum praxi! – von der Thermodynamik irreversibler Prozesse bis zur industrienahen Verfahrenstechnik, Biotechnologie und Technikfolgenabschätzung reicht. Bis zu seiner Emeritierung 2006 leitete er den Fachbereich Lebensmittelverfahrenstechnik sowie das traditionsreiche Berliner Zuckerinstitut und war Dekan der Fakultät für Prozesswissenschaften der TU Berlin. Gerhard Banse betont in seiner Laudatio, dass sich die Forschungen des Geehrten mit ihrer naturwissenschaftlichen Durchdringung, praktischen Nutzung und gesellschaftlichen Bewertung durch eine ausgeprägte Komplexität und Interdisziplinarität auszeichnen. Zudem war und ist ihm die Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse ein besonderes Anliegen, das er unter anderem im Präsidium der URANIA (1975–1990), zuletzt als 1. Vizepräsident, und im Kollegium der Leibniz-Sozietät (seit 2004) mit einer Vielzahl von Veranstaltungen und Veröffentlichungen verfolgte. Die Gelehrtengesellschaft danke ihm insbesondere für sein unermüdliches, umsichtiges und erfolgreiches Wirken als Sekretar der Klasse Naturwissenschaften und Technikwissenschaften und Mitglied des Präsidiums seit 2012. Gemäß der im Rahmenthema genannten Wirkungsbereiche folgen drei Beiträge, jeweils durch einen Philosophen, einen Naturwissenschaftler und einen Informatiker. Der Wissenschaftsphilosoph Karl-Friedrich Wessel stellt in seinem Beitrag Der ganze, unvollkommene Mensch (und seine Technik) das „einfache Bild“ von den zwei Kulturen, die Kluft zwischen Natur- und Geisteswissenschaften und das „Auseinanderdriften beider Rationalitäten“ infrage und sucht nach Begriffen, die der Vielschichtigkeit unseres Denkens gerecht werden. Worte wie „Unbestimmtheit“, „Unsicherheit“ oder „Fehlerhaftigkeit“ seien dafür weniger geeignet als der Begriff „Unvollkommenheit“, der nicht nach Wahrheit, Genauigkeit oder Messbarkeit frage, sondern die Welt des Denkens offen halte. Wessel veranschaulicht das am Beispiel der Theorie der Selbstorganisation mit ihren erstaunlichen Grenzüberschreitungen. Die Unvollkommenheit sei auch ein Kennzeichen bestimmter, wissenschaftsimmanenter „ästhetischer Fehler“, die der Unbestimmtheit und Unsicherheit des Augenblicks geschuldet und von beliebigen Fehlern zu unterscheiden sind. Sie sind das unvermeidbare Resultat des Strebens nach Erkenntnis und Ausdruck der Ästhetik menschlichen Handelns. Die Quintessenz des Beitrages lautet: „Die Schönheit der Wahrheit liegt in ihrer Unvollkommenheit.“ Mit Fehlern befasst sich auch der Physiker Werner Ebeling im gemeinsam mit Rainer Feistel verfassten Beitrag Die Rolle von Fehlern in der Evolution bei der Entstehung des Neuen, des Lebens und der Informationsverarbeitung. Fehler sind – so ihre Definition – kleine, asymmetrische Abweichungen zwischen Trägern symbolischer Information. Der Fehler-Begriff ist aber anthropomorph und tauge nicht für Naturprozesse, die vielmehr Schwankungen unterliegen. Solche stochastischen Variationen bildeten die Voraussetzung für die Entstehung und Evolution des Lebens, was an komplexen, emergenten Vorgängen wie der Selbstorganisation von Biopolymeren und der biologischen Informationsübertragung näher erläutert wird. Ebeling und Feistel wenden sich dann zentralen Konzepten der Thermodynamik zu und kennzeichnen die Entropie als eine universelle Größe. Mit jedem Informationsaustausch ist ein Fluss von Entropie verbunden, der mithin in fast allen Prozessen in Natur, Technik und Gesellschaft eine Schlüsselrolle spielt. Der Wissenschaftsphilosoph und Informatiker Klaus Fuchs-Kittowski wendet sich in seinem Beitrag über das Verständnis der Information und der digitalen Transformation in einer vernetzten und verwundbaren Gesellschaft der Stellung und Verantwortung des Menschen in riskanten informationstechnologischen Systemen zu. Er führt vor Augen, dass die Automation als sozialer Prozess unvermeidlich mit inhärenten Unbestimmtheiten, Unsicherheiten und Ungewissheiten einhergehe und auch nicht-intendierte Folgen habe. Um die Potenzen und Grenzen der automatisierten Informationsverarbeitung zu verdeutlichen, setzt sich Fuchs-Kittowski in einem theoretischen Exkurs eingehender mit dem Informationsbegriff auseinander und unterscheidet drei Informationskonzepte: ein strukturelles (mathematisches), ein funktionelles (modelltheoretisches) und ein evolutionäres Verständnis der Information. Zur Gewährleistung größerer Sicherheit wird heute immer mehr Automatisierungstechnik in gesellschaftliche Arbeits- und Lebensprozesse einbezogen. Es entstehen hochkomplexe informationstechnologische Systeme, die aber – so die Erfahrung aus bitteren Reaktor-, Flugzeug- oder Schiffsunglücken – die menschliche Gesellschaft nicht nur sicherer, sondern zugleich auch verwundbarer machen. Das Fazit heißt: In hochkomplexen informationstechnologischen Systemen muss der Mensch in der Verantwortung sein und bleiben! In seinen Schlussbemerkungen Die perfekte Imperfektion des Faktischen – Gedanken zum intelligenten Umgang mit der Kompliziertheit und Komplexität dankt Lutz-Günter Fleischer den Vortragenden und stellt zugleich die Grundgedanken, die er selbst für dieses Kolloquium im Vorfeld den Referenten in einem Arbeitspapier unter dem Titel Unbestimmtheit, Unsicherheit, Fehlerhaftigkeit und Fehlertoleranz in Natur, Technik und Gesellschaft: Die Phänomene, deren Wirkungen, Erfassung/Bestimmung, realistische Kennzeichnung und effektive Beherrschung mit auf den Weg gegeben hatte, noch einmal ausführlich dar. Ausgangspunkt sind dabei Überlegungen zu Wesen und Konzepten von Entropie und Information – modifizierte entropische und informationelle Konzepte als verallgemeinerungsfähige Denk- und Werkzeuge. Das führt Fleischer letztlich – unter Reflexion der Ausführun12 Gerhard Banse, Horst Kant gen seiner Vorredner – zu der schon von Manfred Eigen vertretenen These, dass jegliches explizite und implizite menschliche Verhalten einer gewissen Fehlerhaftigkeit unterliegt. Neues in physikalischen, chemischen oder biotischen ebenso wie in kulturellen und technologischen Systemen weise als Mitgift einen kleinen „Makel“ (einen „Eigenschen Fehler“) auf, um sich gerieren und entfalten zu können – man spricht von perfekten Imperfektionen. Dazu erläutert Fleischer abschließend verschiedene Beispiele aus den Bereichen Ästhetik, Physikalisch-Technisches (hier: Kristallografie), Biotik sowie der physikalisch-mathematischen Modellierung. *** Der Ehrenpräsident der Leibniz-Sozietät, Herbert Hörz, würdigt Siegfried Wollgast in seiner Eröffnung als langjährigen Freund und Kollegen, als Kooperationspartner, als ausgewiesenen Philosophiehistoriker sowie als unermüdlichen Akteur in der Leibniz-Sozietät, vor allem im Arbeitskreis Toleranz. Wollgast war im Jahr 1995 zum Mitglied der Leibniz-Sozietät gewählt worden und am 26. Juni 2017 verstorben. Mit den nachfolgenden Beiträgen werden je unterschiedliche Facetten des umfangreichen Wirkens von Wollgast nochmals deutlich gemacht, denn die Breite seines Wirkens ist beeindruckend. Für Berthold Heinecke, der im Jahre 1990 bei Wollgast in Dresden promoviert hat, ist es ein zufälliges Zusammentreffen, dass dreißig Jahre nach der Veröffentlichung der „Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, 1550–1650“ im damaligen Akademie-Verlag Berlin 1989 das Gedenkkolloquium für Wollgast stattfindet. Dieses Werk – 1993 in zweiter Auflage erschienen – kann nicht nur, was Anspruch und Umfang betrifft (über 1.000 Druckseiten!), sondern auch nach eigenem Zeugnis des Verfassers mit Fug und Recht als ein Lebenswerk angesehen werden. Es stellte zu seiner Zeit eine Pioniertat dar. Heinecke nimmt in seinem Beitrag Dreißig Jahre ‚Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, 1550–1650’ dieses Werk und seine Rezeption in den Blick und leitet daraus zukünftige Aufgaben für die Geschichtsschreibung der frühneuzeitlichen Philosophie aus heutiger Perspektive ab. Armin Jähne, Vizepräsident der Leibniz-Sozietät, geht in Der ‚Oberlausitzer‘ Siegfried Wollgast... davon aus, dass es nicht nur die deutsche und die europäische Frühaufklärung war, mit der sich Siegfried Wollgast die längste 5 Vgl. https://leibnizsozietaet.de/nekrolog-auf-unser-mitglied-prof-dr-siegfried-wollgast/# more-13073 Vorwort 13 Zeit seines Wissenschaftlerlebens beschäftigte, denn das Spektrum seiner Forschungen ginge weit darüber hinaus. Jähne erinnert beispielsweise an die vorbildlichen Studien von Wollgast zu Karl Christian Friedrich Krause, die ihn auch auf Johann Gottlieb Fichte zurückführten. Fichte – wie auch Lessing – waren in Wollgasts philosophiegeschichtlichem Gedankenkreis immer präsent. Es sei die erstaunliche Vielzahl von Frühaufklärern in der Oberlausitz, die bei Wollgast eine besondere Affinität zu dieser eigenartigen politischen Region sui generis wachsen ließ. Es war vor allem Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, zu dem er sich wissenschaftlich hingezogen fühlte. Bewundernswert sei, so der Autor, wie weit Wollgast den Bogen der ihn bewegenden Themen spannte: von der Frühaufklärung über die Utopie in Vergangenheit und Gegenwart, einschließlich von „‚Realem Sozialismus’ und Utopie“, bis hin zu aktuellen Problemen von Toleranz und Intoleranz, Patriotismus und Vaterland. Siegfried Wollgast und das ‚Phänomen‘ Technik ist das Thema des sich anschließenden Beitrags von Gerhard Banse, Präsident der Leibniz-Sozietät. Er konstatiert, dass es im vielfältigen wissenschaftlichen Wirken von Wollgast einen kurzen Zeitraum gab, in dem die ebenso erfolg- wie ergebnisreiche philosophische Beschäftigung mit dem „Phänomen“ Technik ein zentraler Gegenstand war. Inhaltlich ging es Wollgast dabei weniger um die systematische Behandlung der vielfältigen aktuellen Interdependenzen zwischen Philosophie und Technik, sondern sein Interesse galt vor allem (philosophie) historischen Zusammenhängen, galt der Geschichte dieser Interdependenzen, diese dabei nach „Mustern“ und Wiederholungen, aber auch nach Neuansätzen durcharbeitend. Im Beitrag wird ein kurzer Rückblick auf und ein ebenso kurzer Einblick in das gemeinsame Erarbeiten von „Philosophie und Technik“ aus dem Jahr 1979 gegeben. Anschließend befasst sich Hartmut Hecht mit Vernunft und Glaube. Denkanstöße von Siegfried Wollgast. Nach Hecht habe das Verhältnis von Vernunft und Glaube Wollgast zeit seines Lebens beschäftigt und das Thema sei geeignet, sowohl seine Forschungsmethodologie als auch die Kreativität seines Denkens exemplarisch darzustellen. Die Auseinandersetzung von Wollgast mit diesem Thema war zunächst durch seinen bevorzugten Forschungsgegenstand, die Frühaufklärung in Deutschland und Polen, bestimmt. Sie erlangte dann zunehmend allgemeinere Bedeutung und führte schließlich zu Überlegungen, die den Glauben als philosophisches Problem thematisierten. Darauf geht Hecht detaillierter ein. Hermann Klenner schließlich greift in Krauses „Naturrecht für die ganze Welt“ einen inhaltlichen Schwerpunkt im Wirken von Wollgast auf, der 14 Gerhard Banse, Horst Kant Karl Christian Friedrich Krause für einen „Philosophen mit Weltgeltung“ hielt. Für Wollgast war Krause „ein Brückenbauer zwischen Naturrecht und Utopie“, „ein Gegner der Sklavenhalter und -händler wie auch des Prunkstandes der Adligen“, „ein Gegner der durch die Gleichheit vor dem Gesetz gesicherten Ungleichheit unter dem Gesetz“, „ein Vorreiter der Sozialstaatlichkeit samt Recht auf Arbeit, Nahrung, Wohnung und Bildung“, „ein Feind jedes Chauvinismus“, jemand, „der sich zur Ebenbürtigkeit von Mann und Frau bekannte“, „ein Wegbereiter für die Erziehung von Verbrechern durch Verschaffung von Arbeitsgelegenheiten, statt einer primitiven Unterdrückung in Isolationskerkern“. Siegfried Wollgast war – das machen alle Beiträge deutlich – ein Wissenschaftler, der akribisch aus einem enzyklopädischen Wissensfundus schöpfte und dabei stets Anreger und Ratgeber, aber auch (hilfreicher) Kritiker war. Mit dem Kolloquium wurde deutlich, dass er in seiner so vielseitigen Persönlichkeit nicht wenigen ein hilfreicher und treuer Freund geworden war. *** Der 90. Geburtstag unseres vor zwölf Jahren verstorbenen Mitgliedes Hans- Jürgen Treder (1928–2006) war Anlass, sein Wirken in Erinnerung zu rufen. Der nachmittägliche Teil der Plenarsitzung am 8. November 2018 stand deshalb unter dem Thema „Zeitmaß und Kosmologie“. In Ergänzung zu diesem Thema erinnerte Horst Kant eingangs der Veranstaltung an die 50. Todestage von Otto Hahn und Lise Meitner in diesem Jahr. Hahn war 1924 zum Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (eine Vorgängergesellschaft der Leibniz-Sozietät) gewählt worden, Meitner erhielt im gleichen Jahre die Silberne Leibniz-Medaille dieser Akademie und wurde 1948 als erste Wissenschaftlerin Mitglied der dann Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Nach einer kurzen Würdigung ihrer Leistungen wies er auf zwei neue Veröffentlichungen hin. Dierck-Ekkehard Liebscher (Potsdam) hat für seinen Beitrag das Thema Eigenzeit und Weltalter gewählt. Dabei wird versucht, das subjektive Empfinden der Zeit auszublenden und Aspekte des Begriffes Zeit aus der Sicht der Physik zu beleuchten. Der Autor handelt den Begriff Zeit in vier Unterkapiteln ab: Kalender, Uhren, Eigenzeit , DE, [SC: 3.00], Neuware, gewerbliches Angebot, 14,8 x 21 cm, 300, [GW: 390g], [PU: Berlin], 1. Auflage, Banküberweisung, Offene Rechnung, PayPal, Offene Rechnung (Vorkasse vorbehalten), Internationaler Versand<
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2019, ISBN: 9783864641763
trafo Wissenschaftsverlag, Broschiert, 300 Seiten, Publiziert: 2019-08-25T00:00:01Z, Produktgruppe: Buch, 0.86 kg, Ethik, Philosophie, Sozialwissenschaft, Kategorien, Bücher, Philosophen,… Mehr…
trafo Wissenschaftsverlag, Broschiert, 300 Seiten, Publiziert: 2019-08-25T00:00:01Z, Produktgruppe: Buch, 0.86 kg, Ethik, Philosophie, Sozialwissenschaft, Kategorien, Bücher, Philosophen, Profis & Akademiker, Biografien & Erinnerungen, Computer & Internet, Luft- & Raumfahrttechnik, Ingenieurwissenschaften, Fachbücher, Kommunikation & Nachrichtentechnik, Ingenieurwissenschaft & Technik, Naturwissenschaften & Technik, Technikgeschichte, Geschichte nach Themen, Politik & Geschichte, Banse, Gerhard, Kant, Horst, trafo Wissenschaftsverlag, 2019<
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Disziplinäres & Interdisziplinäres - Historisches & Systematisches - Kolloquium zu Ehren von Lutz-Günther Fleischer, Herbert Hörz, Hans-Jürgen Treder & Siegfried Wollgast - Erstausgabe
2019, ISBN: 9783864641763
Taschenbuch
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], DE, [SC: 3.00], leichte Gebrauchsspuren, gewerbliches Angebot, 210x148 mm, 300, [GW: 391g], [PU: Berlin], 1. Auflage, Banküberweisung, Of… Mehr…
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], DE, [SC: 3.00], leichte Gebrauchsspuren, gewerbliches Angebot, 210x148 mm, 300, [GW: 391g], [PU: Berlin], 1. Auflage, Banküberweisung, Offene Rechnung, PayPal, Offene Rechnung (Vorkasse vorbehalten), Internationaler Versand<
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Disziplinäres & Interdisziplinäres. Kolloquium zu Ehren von Lutz-Günther Fleischer, Herbert Hörz, Hans-Jürgen Treder & Siegfried Wollgast - Erstausgabe
2019, ISBN: 9783864641763
Taschenbuch
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], Inhaltsverzeichnis Vorwort Gerhard Banse, Horst Kant Der vorliegende Doppelband der „Sitzungsberichte“ vereinigt mit dem Th… Mehr…
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], Inhaltsverzeichnis Vorwort Gerhard Banse, Horst Kant Der vorliegende Doppelband der „Sitzungsberichte“ vereinigt mit dem Thema „Disziplinäres und Interdisziplinäres – Historisches und Systematisches“ Beiträge, die mit folgenden vier Veranstaltungen der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften in Beziehung stehen, d.h. auf gehaltene Vorträge zurückgehen oder durch sie angeregt wurden: – am 11. Oktober 2018: Unbestimmtheit, Unsicherheit, Fehlerhaftigkeit und Fehlertoleranz in Natur, Technik und Gesellschaft – Ehrenkolloquium für Lutz-Günther Fleischer zum 80. Geburtstag,1 – am 09. November 2018: Kolloquium „In memoriam Siegfried Wollgast (1933–2017)“,2 – am 09. November 2018: Zeitmaß und Kosmologie – Kolloquium anlässlich des 90. Geburtstages von Hans-Jürgen Treder (1928–2006),3 und – am 29. November 2018: Philosophie und Naturwissenschaften – Ehrenkolloquium für Herbert Hörz anlässlich seines 85. Geburtstages.4 Lutz-Günther Fleischer kann auf vier erfüllte Jahrzehnte akademischer Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule Leuna-Merseburg, der Humboldt- Universität zu Berlin und der Technischen Universität Berlin mit einer bemerkenswerten Weite seiner Lehr- und Forschungsgebiete zurückblicken, die – theoria cum praxi! – von der Thermodynamik irreversibler Prozesse bis zur industrienahen Verfahrenstechnik, Biotechnologie und Technikfolgenabschätzung reicht. Bis zu seiner Emeritierung 2006 leitete er den Fachbereich Lebensmittelverfahrenstechnik sowie das traditionsreiche Berliner Zuckerinstitut und war Dekan der Fakultät für Prozesswissenschaften der TU Berlin. Gerhard Banse betont in seiner Laudatio, dass sich die Forschungen des Geehrten mit ihrer naturwissenschaftlichen Durchdringung, praktischen Nutzung und gesellschaftlichen Bewertung durch eine ausgeprägte Komplexität und Interdisziplinarität auszeichnen. Zudem war und ist ihm die Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse ein besonderes Anliegen, das er unter anderem im Präsidium der URANIA (1975–1990), zuletzt als 1. Vizepräsident, und im Kollegium der Leibniz-Sozietät (seit 2004) mit einer Vielzahl von Veranstaltungen und Veröffentlichungen verfolgte. Die Gelehrtengesellschaft danke ihm insbesondere für sein unermüdliches, umsichtiges und erfolgreiches Wirken als Sekretar der Klasse Naturwissenschaften und Technikwissenschaften und Mitglied des Präsidiums seit 2012. Gemäß der im Rahmenthema genannten Wirkungsbereiche folgen drei Beiträge, jeweils durch einen Philosophen, einen Naturwissenschaftler und einen Informatiker. Der Wissenschaftsphilosoph Karl-Friedrich Wessel stellt in seinem Beitrag Der ganze, unvollkommene Mensch (und seine Technik) das „einfache Bild“ von den zwei Kulturen, die Kluft zwischen Natur- und Geisteswissenschaften und das „Auseinanderdriften beider Rationalitäten“ infrage und sucht nach Begriffen, die der Vielschichtigkeit unseres Denkens gerecht werden. Worte wie „Unbestimmtheit“, „Unsicherheit“ oder „Fehlerhaftigkeit“ seien dafür weniger geeignet als der Begriff „Unvollkommenheit“, der nicht nach Wahrheit, Genauigkeit oder Messbarkeit frage, sondern die Welt des Denkens offen halte. Wessel veranschaulicht das am Beispiel der Theorie der Selbstorganisation mit ihren erstaunlichen Grenzüberschreitungen. Die Unvollkommenheit sei auch ein Kennzeichen bestimmter, wissenschaftsimmanenter „ästhetischer Fehler“, die der Unbestimmtheit und Unsicherheit des Augenblicks geschuldet und von beliebigen Fehlern zu unterscheiden sind. Sie sind das unvermeidbare Resultat des Strebens nach Erkenntnis und Ausdruck der Ästhetik menschlichen Handelns. Die Quintessenz des Beitrages lautet: „Die Schönheit der Wahrheit liegt in ihrer Unvollkommenheit.“ Mit Fehlern befasst sich auch der Physiker Werner Ebeling im gemeinsam mit Rainer Feistel verfassten Beitrag Die Rolle von Fehlern in der Evolution bei der Entstehung des Neuen, des Lebens und der Informationsverarbeitung. Fehler sind – so ihre Definition – kleine, asymmetrische Abweichungen zwischen Trägern symbolischer Information. Der Fehler-Begriff ist aber anthropomorph und tauge nicht für Naturprozesse, die vielmehr Schwankungen unterliegen. Solche stochastischen Variationen bildeten die Voraussetzung für die Entstehung und Evolution des Lebens, was an komplexen, emergenten Vorgängen wie der Selbstorganisation von Biopolymeren und der biologischen Informationsübertragung näher erläutert wird. Ebeling und Feistel wenden sich dann zentralen Konzepten der Thermodynamik zu und kennzeichnen die Entropie als eine universelle Größe. Mit jedem Informationsaustausch ist ein Fluss von Entropie verbunden, der mithin in fast allen Prozessen in Natur, Technik und Gesellschaft eine Schlüsselrolle spielt. Der Wissenschaftsphilosoph und Informatiker Klaus Fuchs-Kittowski wendet sich in seinem Beitrag über das Verständnis der Information und der digitalen Transformation in einer vernetzten und verwundbaren Gesellschaft der Stellung und Verantwortung des Menschen in riskanten informationstechnologischen Systemen zu. Er führt vor Augen, dass die Automation als sozialer Prozess unvermeidlich mit inhärenten Unbestimmtheiten, Unsicherheiten und Ungewissheiten einhergehe und auch nicht-intendierte Folgen habe. Um die Potenzen und Grenzen der automatisierten Informationsverarbeitung zu verdeutlichen, setzt sich Fuchs-Kittowski in einem theoretischen Exkurs eingehender mit dem Informationsbegriff auseinander und unterscheidet drei Informationskonzepte: ein strukturelles (mathematisches), ein funktionelles (modelltheoretisches) und ein evolutionäres Verständnis der Information. Zur Gewährleistung größerer Sicherheit wird heute immer mehr Automatisierungstechnik in gesellschaftliche Arbeits- und Lebensprozesse einbezogen. Es entstehen hochkomplexe informationstechnologische Systeme, die aber – so die Erfahrung aus bitteren Reaktor-, Flugzeug- oder Schiffsunglücken – die menschliche Gesellschaft nicht nur sicherer, sondern zugleich auch verwundbarer machen. Das Fazit heißt: In hochkomplexen informationstechnologischen Systemen muss der Mensch in der Verantwortung sein und bleiben! In seinen Schlussbemerkungen Die perfekte Imperfektion des Faktischen – Gedanken zum intelligenten Umgang mit der Kompliziertheit und Komplexität dankt Lutz-Günter Fleischer den Vortragenden und stellt zugleich die Grundgedanken, die er selbst für dieses Kolloquium im Vorfeld den Referenten in einem Arbeitspapier unter dem Titel Unbestimmtheit, Unsicherheit, Fehlerhaftigkeit und Fehlertoleranz in Natur, Technik und Gesellschaft: Die Phänomene, deren Wirkungen, Erfassung/Bestimmung, realistische Kennzeichnung und effektive Beherrschung mit auf den Weg gegeben hatte, noch einmal ausführlich dar. Ausgangspunkt sind dabei Überlegungen zu Wesen und Konzepten von Entropie und Information – modifizierte entropische und informationelle Konzepte als verallgemeinerungsfähige Denk- und Werkzeuge. Das führt Fleischer letztlich – unter Reflexion der Ausführun12 Gerhard Banse, Horst Kant gen seiner Vorredner – zu der schon von Manfred Eigen vertretenen These, dass jegliches explizite und implizite menschliche Verhalten einer gewissen Fehlerhaftigkeit unterliegt. Neues in physikalischen, chemischen oder biotischen ebenso wie in kulturellen und technologischen Systemen weise als Mitgift einen kleinen „Makel“ (einen „Eigenschen Fehler“) auf, um sich gerieren und entfalten zu können – man spricht von perfekten Imperfektionen. Dazu erläutert Fleischer abschließend verschiedene Beispiele aus den Bereichen Ästhetik, Physikalisch-Technisches (hier: Kristallografie), Biotik sowie der physikalisch-mathematischen Modellierung. *** Der Ehrenpräsident der Leibniz-Sozietät, Herbert Hörz, würdigt Siegfried Wollgast in seiner Eröffnung als langjährigen Freund und Kollegen, als Kooperationspartner, als ausgewiesenen Philosophiehistoriker sowie als unermüdlichen Akteur in der Leibniz-Sozietät, vor allem im Arbeitskreis Toleranz. Wollgast war im Jahr 1995 zum Mitglied der Leibniz-Sozietät gewählt worden und am 26. Juni 2017 verstorben. Mit den nachfolgenden Beiträgen werden je unterschiedliche Facetten des umfangreichen Wirkens von Wollgast nochmals deutlich gemacht, denn die Breite seines Wirkens ist beeindruckend. Für Berthold Heinecke, der im Jahre 1990 bei Wollgast in Dresden promoviert hat, ist es ein zufälliges Zusammentreffen, dass dreißig Jahre nach der Veröffentlichung der „Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, 1550–1650“ im damaligen Akademie-Verlag Berlin 1989 das Gedenkkolloquium für Wollgast stattfindet. Dieses Werk – 1993 in zweiter Auflage erschienen – kann nicht nur, was Anspruch und Umfang betrifft (über 1.000 Druckseiten!), sondern auch nach eigenem Zeugnis des Verfassers mit Fug und Recht als ein Lebenswerk angesehen werden. Es stellte zu seiner Zeit eine Pioniertat dar. Heinecke nimmt in seinem Beitrag Dreißig Jahre ‚Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, 1550–1650’ dieses Werk und seine Rezeption in den Blick und leitet daraus zukünftige Aufgaben für die Geschichtsschreibung der frühneuzeitlichen Philosophie aus heutiger Perspektive ab. Armin Jähne, Vizepräsident der Leibniz-Sozietät, geht in Der ‚Oberlausitzer‘ Siegfried Wollgast... davon aus, dass es nicht nur die deutsche und die europäische Frühaufklärung war, mit der sich Siegfried Wollgast die längste 5 Vgl. https://leibnizsozietaet.de/nekrolog-auf-unser-mitglied-prof-dr-siegfried-wollgast/# more-13073 Vorwort 13 Zeit seines Wissenschaftlerlebens beschäftigte, denn das Spektrum seiner Forschungen ginge weit darüber hinaus. Jähne erinnert beispielsweise an die vorbildlichen Studien von Wollgast zu Karl Christian Friedrich Krause, die ihn auch auf Johann Gottlieb Fichte zurückführten. Fichte – wie auch Lessing – waren in Wollgasts philosophiegeschichtlichem Gedankenkreis immer präsent. Es sei die erstaunliche Vielzahl von Frühaufklärern in der Oberlausitz, die bei Wollgast eine besondere Affinität zu dieser eigenartigen politischen Region sui generis wachsen ließ. Es war vor allem Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, zu dem er sich wissenschaftlich hingezogen fühlte. Bewundernswert sei, so der Autor, wie weit Wollgast den Bogen der ihn bewegenden Themen spannte: von der Frühaufklärung über die Utopie in Vergangenheit und Gegenwart, einschließlich von „‚Realem Sozialismus’ und Utopie“, bis hin zu aktuellen Problemen von Toleranz und Intoleranz, Patriotismus und Vaterland. Siegfried Wollgast und das ‚Phänomen‘ Technik ist das Thema des sich anschließenden Beitrags von Gerhard Banse, Präsident der Leibniz-Sozietät. Er konstatiert, dass es im vielfältigen wissenschaftlichen Wirken von Wollgast einen kurzen Zeitraum gab, in dem die ebenso erfolg- wie ergebnisreiche philosophische Beschäftigung mit dem „Phänomen“ Technik ein zentraler Gegenstand war. Inhaltlich ging es Wollgast dabei weniger um die systematische Behandlung der vielfältigen aktuellen Interdependenzen zwischen Philosophie und Technik, sondern sein Interesse galt vor allem (philosophie) historischen Zusammenhängen, galt der Geschichte dieser Interdependenzen, diese dabei nach „Mustern“ und Wiederholungen, aber auch nach Neuansätzen durcharbeitend. Im Beitrag wird ein kurzer Rückblick auf und ein ebenso kurzer Einblick in das gemeinsame Erarbeiten von „Philosophie und Technik“ aus dem Jahr 1979 gegeben. Anschließend befasst sich Hartmut Hecht mit Vernunft und Glaube. Denkanstöße von Siegfried Wollgast. Nach Hecht habe das Verhältnis von Vernunft und Glaube Wollgast zeit seines Lebens beschäftigt und das Thema sei geeignet, sowohl seine Forschungsmethodologie als auch die Kreativität seines Denkens exemplarisch darzustellen. Die Auseinandersetzung von Wollgast mit diesem Thema war zunächst durch seinen bevorzugten Forschungsgegenstand, die Frühaufklärung in Deutschland und Polen, bestimmt. Sie erlangte dann zunehmend allgemeinere Bedeutung und führte schließlich zu Überlegungen, die den Glauben als philosophisches Problem thematisierten. Darauf geht Hecht detaillierter ein. Hermann Klenner schließlich greift in Krauses „Naturrecht für die ganze Welt“ einen inhaltlichen Schwerpunkt im Wirken von Wollgast auf, der 14 Gerhard Banse, Horst Kant Karl Christian Friedrich Krause für einen „Philosophen mit Weltgeltung“ hielt. Für Wollgast war Krause „ein Brückenbauer zwischen Naturrecht und Utopie“, „ein Gegner der Sklavenhalter und -händler wie auch des Prunkstandes der Adligen“, „ein Gegner der durch die Gleichheit vor dem Gesetz gesicherten Ungleichheit unter dem Gesetz“, „ein Vorreiter der Sozialstaatlichkeit samt Recht auf Arbeit, Nahrung, Wohnung und Bildung“, „ein Feind jedes Chauvinismus“, jemand, „der sich zur Ebenbürtigkeit von Mann und Frau bekannte“, „ein Wegbereiter für die Erziehung von Verbrechern durch Verschaffung von Arbeitsgelegenheiten, statt einer primitiven Unterdrückung in Isolationskerkern“. Siegfried Wollgast war – das machen alle Beiträge deutlich – ein Wissenschaftler, der akribisch aus einem enzyklopädischen Wissensfundus schöpfte und dabei stets Anreger und Ratgeber, aber auch (hilfreicher) Kritiker war. Mit dem Kolloquium wurde deutlich, dass er in seiner so vielseitigen Persönlichkeit nicht wenigen ein hilfreicher und treuer Freund geworden war. *** Der 90. Geburtstag unseres vor zwölf Jahren verstorbenen Mitgliedes Hans- Jürgen Treder (1928–2006) war Anlass, sein Wirken in Erinnerung zu rufen. Der nachmittägliche Teil der Plenarsitzung am 8. November 2018 stand deshalb unter dem Thema „Zeitmaß und Kosmologie“. In Ergänzung zu diesem Thema erinnerte Horst Kant eingangs der Veranstaltung an die 50. Todestage von Otto Hahn und Lise Meitner in diesem Jahr. Hahn war 1924 zum Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (eine Vorgängergesellschaft der Leibniz-Sozietät) gewählt worden, Meitner erhielt im gleichen Jahre die Silberne Leibniz-Medaille dieser Akademie und wurde 1948 als erste Wissenschaftlerin Mitglied der dann Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Nach einer kurzen Würdigung ihrer Leistungen wies er auf zwei neue Veröffentlichungen hin. Dierck-Ekkehard Liebscher (Potsdam) hat für seinen Beitrag das Thema Eigenzeit und Weltalter gewählt. Dabei wird versucht, das subjektive Empfinden der Zeit auszublenden und Aspekte des Begriffes Zeit aus der Sicht der Physik zu beleuchten. Der Autor handelt den Begriff Zeit in vier Unterkapiteln ab: Kalender, Uhren, Eigenzeit , DE, [SC: 8.00], Neuware, gewerbliches Angebot, 14,8 x 21 cm, 300, [GW: 390g], [PU: Berlin], 1. Auflage, Banküberweisung, Offene Rechnung, PayPal, Offene Rechnung (Vorkasse vorbehalten), Internationaler Versand, [CT: Naturwissenschaft/Mathematik / Sonstiges - Naturwissenschaften]<
Banse, Gerhard; Kant, Horst (Hrsg.):
Disziplinäres & Interdisziplinäres. Kolloquium zu Ehren von Lutz-Günther Fleischer, Herbert Hörz, Hans-Jürgen Treder & Siegfried Wollgast - Erstausgabe2019, ISBN: 9783864641763
Taschenbuch
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], Inhaltsverzeichnis Vorwort Gerhard Banse, Horst Kant Der vorliegende Doppelband der „Sitzungsberichte“ vereinigt mit dem Th… Mehr…
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], Inhaltsverzeichnis Vorwort Gerhard Banse, Horst Kant Der vorliegende Doppelband der „Sitzungsberichte“ vereinigt mit dem Thema „Disziplinäres und Interdisziplinäres – Historisches und Systematisches“ Beiträge, die mit folgenden vier Veranstaltungen der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften in Beziehung stehen, d.h. auf gehaltene Vorträge zurückgehen oder durch sie angeregt wurden: – am 11. Oktober 2018: Unbestimmtheit, Unsicherheit, Fehlerhaftigkeit und Fehlertoleranz in Natur, Technik und Gesellschaft – Ehrenkolloquium für Lutz-Günther Fleischer zum 80. Geburtstag,1 – am 09. November 2018: Kolloquium „In memoriam Siegfried Wollgast (1933–2017)“,2 – am 09. November 2018: Zeitmaß und Kosmologie – Kolloquium anlässlich des 90. Geburtstages von Hans-Jürgen Treder (1928–2006),3 und – am 29. November 2018: Philosophie und Naturwissenschaften – Ehrenkolloquium für Herbert Hörz anlässlich seines 85. Geburtstages.4 Lutz-Günther Fleischer kann auf vier erfüllte Jahrzehnte akademischer Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule Leuna-Merseburg, der Humboldt- Universität zu Berlin und der Technischen Universität Berlin mit einer bemerkenswerten Weite seiner Lehr- und Forschungsgebiete zurückblicken, die – theoria cum praxi! – von der Thermodynamik irreversibler Prozesse bis zur industrienahen Verfahrenstechnik, Biotechnologie und Technikfolgenabschätzung reicht. Bis zu seiner Emeritierung 2006 leitete er den Fachbereich Lebensmittelverfahrenstechnik sowie das traditionsreiche Berliner Zuckerinstitut und war Dekan der Fakultät für Prozesswissenschaften der TU Berlin. Gerhard Banse betont in seiner Laudatio, dass sich die Forschungen des Geehrten mit ihrer naturwissenschaftlichen Durchdringung, praktischen Nutzung und gesellschaftlichen Bewertung durch eine ausgeprägte Komplexität und Interdisziplinarität auszeichnen. Zudem war und ist ihm die Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse ein besonderes Anliegen, das er unter anderem im Präsidium der URANIA (1975–1990), zuletzt als 1. Vizepräsident, und im Kollegium der Leibniz-Sozietät (seit 2004) mit einer Vielzahl von Veranstaltungen und Veröffentlichungen verfolgte. Die Gelehrtengesellschaft danke ihm insbesondere für sein unermüdliches, umsichtiges und erfolgreiches Wirken als Sekretar der Klasse Naturwissenschaften und Technikwissenschaften und Mitglied des Präsidiums seit 2012. Gemäß der im Rahmenthema genannten Wirkungsbereiche folgen drei Beiträge, jeweils durch einen Philosophen, einen Naturwissenschaftler und einen Informatiker. Der Wissenschaftsphilosoph Karl-Friedrich Wessel stellt in seinem Beitrag Der ganze, unvollkommene Mensch (und seine Technik) das „einfache Bild“ von den zwei Kulturen, die Kluft zwischen Natur- und Geisteswissenschaften und das „Auseinanderdriften beider Rationalitäten“ infrage und sucht nach Begriffen, die der Vielschichtigkeit unseres Denkens gerecht werden. Worte wie „Unbestimmtheit“, „Unsicherheit“ oder „Fehlerhaftigkeit“ seien dafür weniger geeignet als der Begriff „Unvollkommenheit“, der nicht nach Wahrheit, Genauigkeit oder Messbarkeit frage, sondern die Welt des Denkens offen halte. Wessel veranschaulicht das am Beispiel der Theorie der Selbstorganisation mit ihren erstaunlichen Grenzüberschreitungen. Die Unvollkommenheit sei auch ein Kennzeichen bestimmter, wissenschaftsimmanenter „ästhetischer Fehler“, die der Unbestimmtheit und Unsicherheit des Augenblicks geschuldet und von beliebigen Fehlern zu unterscheiden sind. Sie sind das unvermeidbare Resultat des Strebens nach Erkenntnis und Ausdruck der Ästhetik menschlichen Handelns. Die Quintessenz des Beitrages lautet: „Die Schönheit der Wahrheit liegt in ihrer Unvollkommenheit.“ Mit Fehlern befasst sich auch der Physiker Werner Ebeling im gemeinsam mit Rainer Feistel verfassten Beitrag Die Rolle von Fehlern in der Evolution bei der Entstehung des Neuen, des Lebens und der Informationsverarbeitung. Fehler sind – so ihre Definition – kleine, asymmetrische Abweichungen zwischen Trägern symbolischer Information. Der Fehler-Begriff ist aber anthropomorph und tauge nicht für Naturprozesse, die vielmehr Schwankungen unterliegen. Solche stochastischen Variationen bildeten die Voraussetzung für die Entstehung und Evolution des Lebens, was an komplexen, emergenten Vorgängen wie der Selbstorganisation von Biopolymeren und der biologischen Informationsübertragung näher erläutert wird. Ebeling und Feistel wenden sich dann zentralen Konzepten der Thermodynamik zu und kennzeichnen die Entropie als eine universelle Größe. Mit jedem Informationsaustausch ist ein Fluss von Entropie verbunden, der mithin in fast allen Prozessen in Natur, Technik und Gesellschaft eine Schlüsselrolle spielt. Der Wissenschaftsphilosoph und Informatiker Klaus Fuchs-Kittowski wendet sich in seinem Beitrag über das Verständnis der Information und der digitalen Transformation in einer vernetzten und verwundbaren Gesellschaft der Stellung und Verantwortung des Menschen in riskanten informationstechnologischen Systemen zu. Er führt vor Augen, dass die Automation als sozialer Prozess unvermeidlich mit inhärenten Unbestimmtheiten, Unsicherheiten und Ungewissheiten einhergehe und auch nicht-intendierte Folgen habe. Um die Potenzen und Grenzen der automatisierten Informationsverarbeitung zu verdeutlichen, setzt sich Fuchs-Kittowski in einem theoretischen Exkurs eingehender mit dem Informationsbegriff auseinander und unterscheidet drei Informationskonzepte: ein strukturelles (mathematisches), ein funktionelles (modelltheoretisches) und ein evolutionäres Verständnis der Information. Zur Gewährleistung größerer Sicherheit wird heute immer mehr Automatisierungstechnik in gesellschaftliche Arbeits- und Lebensprozesse einbezogen. Es entstehen hochkomplexe informationstechnologische Systeme, die aber – so die Erfahrung aus bitteren Reaktor-, Flugzeug- oder Schiffsunglücken – die menschliche Gesellschaft nicht nur sicherer, sondern zugleich auch verwundbarer machen. Das Fazit heißt: In hochkomplexen informationstechnologischen Systemen muss der Mensch in der Verantwortung sein und bleiben! In seinen Schlussbemerkungen Die perfekte Imperfektion des Faktischen – Gedanken zum intelligenten Umgang mit der Kompliziertheit und Komplexität dankt Lutz-Günter Fleischer den Vortragenden und stellt zugleich die Grundgedanken, die er selbst für dieses Kolloquium im Vorfeld den Referenten in einem Arbeitspapier unter dem Titel Unbestimmtheit, Unsicherheit, Fehlerhaftigkeit und Fehlertoleranz in Natur, Technik und Gesellschaft: Die Phänomene, deren Wirkungen, Erfassung/Bestimmung, realistische Kennzeichnung und effektive Beherrschung mit auf den Weg gegeben hatte, noch einmal ausführlich dar. Ausgangspunkt sind dabei Überlegungen zu Wesen und Konzepten von Entropie und Information – modifizierte entropische und informationelle Konzepte als verallgemeinerungsfähige Denk- und Werkzeuge. Das führt Fleischer letztlich – unter Reflexion der Ausführun12 Gerhard Banse, Horst Kant gen seiner Vorredner – zu der schon von Manfred Eigen vertretenen These, dass jegliches explizite und implizite menschliche Verhalten einer gewissen Fehlerhaftigkeit unterliegt. Neues in physikalischen, chemischen oder biotischen ebenso wie in kulturellen und technologischen Systemen weise als Mitgift einen kleinen „Makel“ (einen „Eigenschen Fehler“) auf, um sich gerieren und entfalten zu können – man spricht von perfekten Imperfektionen. Dazu erläutert Fleischer abschließend verschiedene Beispiele aus den Bereichen Ästhetik, Physikalisch-Technisches (hier: Kristallografie), Biotik sowie der physikalisch-mathematischen Modellierung. *** Der Ehrenpräsident der Leibniz-Sozietät, Herbert Hörz, würdigt Siegfried Wollgast in seiner Eröffnung als langjährigen Freund und Kollegen, als Kooperationspartner, als ausgewiesenen Philosophiehistoriker sowie als unermüdlichen Akteur in der Leibniz-Sozietät, vor allem im Arbeitskreis Toleranz. Wollgast war im Jahr 1995 zum Mitglied der Leibniz-Sozietät gewählt worden und am 26. Juni 2017 verstorben. Mit den nachfolgenden Beiträgen werden je unterschiedliche Facetten des umfangreichen Wirkens von Wollgast nochmals deutlich gemacht, denn die Breite seines Wirkens ist beeindruckend. Für Berthold Heinecke, der im Jahre 1990 bei Wollgast in Dresden promoviert hat, ist es ein zufälliges Zusammentreffen, dass dreißig Jahre nach der Veröffentlichung der „Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, 1550–1650“ im damaligen Akademie-Verlag Berlin 1989 das Gedenkkolloquium für Wollgast stattfindet. Dieses Werk – 1993 in zweiter Auflage erschienen – kann nicht nur, was Anspruch und Umfang betrifft (über 1.000 Druckseiten!), sondern auch nach eigenem Zeugnis des Verfassers mit Fug und Recht als ein Lebenswerk angesehen werden. Es stellte zu seiner Zeit eine Pioniertat dar. Heinecke nimmt in seinem Beitrag Dreißig Jahre ‚Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, 1550–1650’ dieses Werk und seine Rezeption in den Blick und leitet daraus zukünftige Aufgaben für die Geschichtsschreibung der frühneuzeitlichen Philosophie aus heutiger Perspektive ab. Armin Jähne, Vizepräsident der Leibniz-Sozietät, geht in Der ‚Oberlausitzer‘ Siegfried Wollgast... davon aus, dass es nicht nur die deutsche und die europäische Frühaufklärung war, mit der sich Siegfried Wollgast die längste 5 Vgl. https://leibnizsozietaet.de/nekrolog-auf-unser-mitglied-prof-dr-siegfried-wollgast/# more-13073 Vorwort 13 Zeit seines Wissenschaftlerlebens beschäftigte, denn das Spektrum seiner Forschungen ginge weit darüber hinaus. Jähne erinnert beispielsweise an die vorbildlichen Studien von Wollgast zu Karl Christian Friedrich Krause, die ihn auch auf Johann Gottlieb Fichte zurückführten. Fichte – wie auch Lessing – waren in Wollgasts philosophiegeschichtlichem Gedankenkreis immer präsent. Es sei die erstaunliche Vielzahl von Frühaufklärern in der Oberlausitz, die bei Wollgast eine besondere Affinität zu dieser eigenartigen politischen Region sui generis wachsen ließ. Es war vor allem Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, zu dem er sich wissenschaftlich hingezogen fühlte. Bewundernswert sei, so der Autor, wie weit Wollgast den Bogen der ihn bewegenden Themen spannte: von der Frühaufklärung über die Utopie in Vergangenheit und Gegenwart, einschließlich von „‚Realem Sozialismus’ und Utopie“, bis hin zu aktuellen Problemen von Toleranz und Intoleranz, Patriotismus und Vaterland. Siegfried Wollgast und das ‚Phänomen‘ Technik ist das Thema des sich anschließenden Beitrags von Gerhard Banse, Präsident der Leibniz-Sozietät. Er konstatiert, dass es im vielfältigen wissenschaftlichen Wirken von Wollgast einen kurzen Zeitraum gab, in dem die ebenso erfolg- wie ergebnisreiche philosophische Beschäftigung mit dem „Phänomen“ Technik ein zentraler Gegenstand war. Inhaltlich ging es Wollgast dabei weniger um die systematische Behandlung der vielfältigen aktuellen Interdependenzen zwischen Philosophie und Technik, sondern sein Interesse galt vor allem (philosophie) historischen Zusammenhängen, galt der Geschichte dieser Interdependenzen, diese dabei nach „Mustern“ und Wiederholungen, aber auch nach Neuansätzen durcharbeitend. Im Beitrag wird ein kurzer Rückblick auf und ein ebenso kurzer Einblick in das gemeinsame Erarbeiten von „Philosophie und Technik“ aus dem Jahr 1979 gegeben. Anschließend befasst sich Hartmut Hecht mit Vernunft und Glaube. Denkanstöße von Siegfried Wollgast. Nach Hecht habe das Verhältnis von Vernunft und Glaube Wollgast zeit seines Lebens beschäftigt und das Thema sei geeignet, sowohl seine Forschungsmethodologie als auch die Kreativität seines Denkens exemplarisch darzustellen. Die Auseinandersetzung von Wollgast mit diesem Thema war zunächst durch seinen bevorzugten Forschungsgegenstand, die Frühaufklärung in Deutschland und Polen, bestimmt. Sie erlangte dann zunehmend allgemeinere Bedeutung und führte schließlich zu Überlegungen, die den Glauben als philosophisches Problem thematisierten. Darauf geht Hecht detaillierter ein. Hermann Klenner schließlich greift in Krauses „Naturrecht für die ganze Welt“ einen inhaltlichen Schwerpunkt im Wirken von Wollgast auf, der 14 Gerhard Banse, Horst Kant Karl Christian Friedrich Krause für einen „Philosophen mit Weltgeltung“ hielt. Für Wollgast war Krause „ein Brückenbauer zwischen Naturrecht und Utopie“, „ein Gegner der Sklavenhalter und -händler wie auch des Prunkstandes der Adligen“, „ein Gegner der durch die Gleichheit vor dem Gesetz gesicherten Ungleichheit unter dem Gesetz“, „ein Vorreiter der Sozialstaatlichkeit samt Recht auf Arbeit, Nahrung, Wohnung und Bildung“, „ein Feind jedes Chauvinismus“, jemand, „der sich zur Ebenbürtigkeit von Mann und Frau bekannte“, „ein Wegbereiter für die Erziehung von Verbrechern durch Verschaffung von Arbeitsgelegenheiten, statt einer primitiven Unterdrückung in Isolationskerkern“. Siegfried Wollgast war – das machen alle Beiträge deutlich – ein Wissenschaftler, der akribisch aus einem enzyklopädischen Wissensfundus schöpfte und dabei stets Anreger und Ratgeber, aber auch (hilfreicher) Kritiker war. Mit dem Kolloquium wurde deutlich, dass er in seiner so vielseitigen Persönlichkeit nicht wenigen ein hilfreicher und treuer Freund geworden war. *** Der 90. Geburtstag unseres vor zwölf Jahren verstorbenen Mitgliedes Hans- Jürgen Treder (1928–2006) war Anlass, sein Wirken in Erinnerung zu rufen. Der nachmittägliche Teil der Plenarsitzung am 8. November 2018 stand deshalb unter dem Thema „Zeitmaß und Kosmologie“. In Ergänzung zu diesem Thema erinnerte Horst Kant eingangs der Veranstaltung an die 50. Todestage von Otto Hahn und Lise Meitner in diesem Jahr. Hahn war 1924 zum Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (eine Vorgängergesellschaft der Leibniz-Sozietät) gewählt worden, Meitner erhielt im gleichen Jahre die Silberne Leibniz-Medaille dieser Akademie und wurde 1948 als erste Wissenschaftlerin Mitglied der dann Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Nach einer kurzen Würdigung ihrer Leistungen wies er auf zwei neue Veröffentlichungen hin. Dierck-Ekkehard Liebscher (Potsdam) hat für seinen Beitrag das Thema Eigenzeit und Weltalter gewählt. Dabei wird versucht, das subjektive Empfinden der Zeit auszublenden und Aspekte des Begriffes Zeit aus der Sicht der Physik zu beleuchten. Der Autor handelt den Begriff Zeit in vier Unterkapiteln ab: Kalender, Uhren, Eigenzeit , DE, [SC: 3.00], Neuware, gewerbliches Angebot, 14,8 x 21 cm, 300, [GW: 390g], [PU: Berlin], 1. Auflage, Banküberweisung, Offene Rechnung, PayPal, Offene Rechnung (Vorkasse vorbehalten), Internationaler Versand, [CT: Naturwissenschaft/Mathematik / Sonstiges - Naturwissenschaften]<
Disziplinäres & Interdisziplinäres. Kolloquium zu Ehren von Lutz-Günther Fleischer, Herbert Hörz, Hans-Jürgen Treder & Siegfried Wollgast - Erstausgabe
2019
ISBN: 9783864641763
Taschenbuch
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], Inhaltsverzeichnis Vorwort Gerhard Banse, Horst Kant Der vorliegende Doppelband der „Sitzungsberichte“ vereinigt mit dem Th… Mehr…
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], Inhaltsverzeichnis Vorwort Gerhard Banse, Horst Kant Der vorliegende Doppelband der „Sitzungsberichte“ vereinigt mit dem Thema „Disziplinäres und Interdisziplinäres – Historisches und Systematisches“ Beiträge, die mit folgenden vier Veranstaltungen der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften in Beziehung stehen, d.h. auf gehaltene Vorträge zurückgehen oder durch sie angeregt wurden: – am 11. Oktober 2018: Unbestimmtheit, Unsicherheit, Fehlerhaftigkeit und Fehlertoleranz in Natur, Technik und Gesellschaft – Ehrenkolloquium für Lutz-Günther Fleischer zum 80. Geburtstag,1 – am 09. November 2018: Kolloquium „In memoriam Siegfried Wollgast (1933–2017)“,2 – am 09. November 2018: Zeitmaß und Kosmologie – Kolloquium anlässlich des 90. Geburtstages von Hans-Jürgen Treder (1928–2006),3 und – am 29. November 2018: Philosophie und Naturwissenschaften – Ehrenkolloquium für Herbert Hörz anlässlich seines 85. Geburtstages.4 Lutz-Günther Fleischer kann auf vier erfüllte Jahrzehnte akademischer Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule Leuna-Merseburg, der Humboldt- Universität zu Berlin und der Technischen Universität Berlin mit einer bemerkenswerten Weite seiner Lehr- und Forschungsgebiete zurückblicken, die – theoria cum praxi! – von der Thermodynamik irreversibler Prozesse bis zur industrienahen Verfahrenstechnik, Biotechnologie und Technikfolgenabschätzung reicht. Bis zu seiner Emeritierung 2006 leitete er den Fachbereich Lebensmittelverfahrenstechnik sowie das traditionsreiche Berliner Zuckerinstitut und war Dekan der Fakultät für Prozesswissenschaften der TU Berlin. Gerhard Banse betont in seiner Laudatio, dass sich die Forschungen des Geehrten mit ihrer naturwissenschaftlichen Durchdringung, praktischen Nutzung und gesellschaftlichen Bewertung durch eine ausgeprägte Komplexität und Interdisziplinarität auszeichnen. Zudem war und ist ihm die Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse ein besonderes Anliegen, das er unter anderem im Präsidium der URANIA (1975–1990), zuletzt als 1. Vizepräsident, und im Kollegium der Leibniz-Sozietät (seit 2004) mit einer Vielzahl von Veranstaltungen und Veröffentlichungen verfolgte. Die Gelehrtengesellschaft danke ihm insbesondere für sein unermüdliches, umsichtiges und erfolgreiches Wirken als Sekretar der Klasse Naturwissenschaften und Technikwissenschaften und Mitglied des Präsidiums seit 2012. Gemäß der im Rahmenthema genannten Wirkungsbereiche folgen drei Beiträge, jeweils durch einen Philosophen, einen Naturwissenschaftler und einen Informatiker. Der Wissenschaftsphilosoph Karl-Friedrich Wessel stellt in seinem Beitrag Der ganze, unvollkommene Mensch (und seine Technik) das „einfache Bild“ von den zwei Kulturen, die Kluft zwischen Natur- und Geisteswissenschaften und das „Auseinanderdriften beider Rationalitäten“ infrage und sucht nach Begriffen, die der Vielschichtigkeit unseres Denkens gerecht werden. Worte wie „Unbestimmtheit“, „Unsicherheit“ oder „Fehlerhaftigkeit“ seien dafür weniger geeignet als der Begriff „Unvollkommenheit“, der nicht nach Wahrheit, Genauigkeit oder Messbarkeit frage, sondern die Welt des Denkens offen halte. Wessel veranschaulicht das am Beispiel der Theorie der Selbstorganisation mit ihren erstaunlichen Grenzüberschreitungen. Die Unvollkommenheit sei auch ein Kennzeichen bestimmter, wissenschaftsimmanenter „ästhetischer Fehler“, die der Unbestimmtheit und Unsicherheit des Augenblicks geschuldet und von beliebigen Fehlern zu unterscheiden sind. Sie sind das unvermeidbare Resultat des Strebens nach Erkenntnis und Ausdruck der Ästhetik menschlichen Handelns. Die Quintessenz des Beitrages lautet: „Die Schönheit der Wahrheit liegt in ihrer Unvollkommenheit.“ Mit Fehlern befasst sich auch der Physiker Werner Ebeling im gemeinsam mit Rainer Feistel verfassten Beitrag Die Rolle von Fehlern in der Evolution bei der Entstehung des Neuen, des Lebens und der Informationsverarbeitung. Fehler sind – so ihre Definition – kleine, asymmetrische Abweichungen zwischen Trägern symbolischer Information. Der Fehler-Begriff ist aber anthropomorph und tauge nicht für Naturprozesse, die vielmehr Schwankungen unterliegen. Solche stochastischen Variationen bildeten die Voraussetzung für die Entstehung und Evolution des Lebens, was an komplexen, emergenten Vorgängen wie der Selbstorganisation von Biopolymeren und der biologischen Informationsübertragung näher erläutert wird. Ebeling und Feistel wenden sich dann zentralen Konzepten der Thermodynamik zu und kennzeichnen die Entropie als eine universelle Größe. Mit jedem Informationsaustausch ist ein Fluss von Entropie verbunden, der mithin in fast allen Prozessen in Natur, Technik und Gesellschaft eine Schlüsselrolle spielt. Der Wissenschaftsphilosoph und Informatiker Klaus Fuchs-Kittowski wendet sich in seinem Beitrag über das Verständnis der Information und der digitalen Transformation in einer vernetzten und verwundbaren Gesellschaft der Stellung und Verantwortung des Menschen in riskanten informationstechnologischen Systemen zu. Er führt vor Augen, dass die Automation als sozialer Prozess unvermeidlich mit inhärenten Unbestimmtheiten, Unsicherheiten und Ungewissheiten einhergehe und auch nicht-intendierte Folgen habe. Um die Potenzen und Grenzen der automatisierten Informationsverarbeitung zu verdeutlichen, setzt sich Fuchs-Kittowski in einem theoretischen Exkurs eingehender mit dem Informationsbegriff auseinander und unterscheidet drei Informationskonzepte: ein strukturelles (mathematisches), ein funktionelles (modelltheoretisches) und ein evolutionäres Verständnis der Information. Zur Gewährleistung größerer Sicherheit wird heute immer mehr Automatisierungstechnik in gesellschaftliche Arbeits- und Lebensprozesse einbezogen. Es entstehen hochkomplexe informationstechnologische Systeme, die aber – so die Erfahrung aus bitteren Reaktor-, Flugzeug- oder Schiffsunglücken – die menschliche Gesellschaft nicht nur sicherer, sondern zugleich auch verwundbarer machen. Das Fazit heißt: In hochkomplexen informationstechnologischen Systemen muss der Mensch in der Verantwortung sein und bleiben! In seinen Schlussbemerkungen Die perfekte Imperfektion des Faktischen – Gedanken zum intelligenten Umgang mit der Kompliziertheit und Komplexität dankt Lutz-Günter Fleischer den Vortragenden und stellt zugleich die Grundgedanken, die er selbst für dieses Kolloquium im Vorfeld den Referenten in einem Arbeitspapier unter dem Titel Unbestimmtheit, Unsicherheit, Fehlerhaftigkeit und Fehlertoleranz in Natur, Technik und Gesellschaft: Die Phänomene, deren Wirkungen, Erfassung/Bestimmung, realistische Kennzeichnung und effektive Beherrschung mit auf den Weg gegeben hatte, noch einmal ausführlich dar. Ausgangspunkt sind dabei Überlegungen zu Wesen und Konzepten von Entropie und Information – modifizierte entropische und informationelle Konzepte als verallgemeinerungsfähige Denk- und Werkzeuge. Das führt Fleischer letztlich – unter Reflexion der Ausführun12 Gerhard Banse, Horst Kant gen seiner Vorredner – zu der schon von Manfred Eigen vertretenen These, dass jegliches explizite und implizite menschliche Verhalten einer gewissen Fehlerhaftigkeit unterliegt. Neues in physikalischen, chemischen oder biotischen ebenso wie in kulturellen und technologischen Systemen weise als Mitgift einen kleinen „Makel“ (einen „Eigenschen Fehler“) auf, um sich gerieren und entfalten zu können – man spricht von perfekten Imperfektionen. Dazu erläutert Fleischer abschließend verschiedene Beispiele aus den Bereichen Ästhetik, Physikalisch-Technisches (hier: Kristallografie), Biotik sowie der physikalisch-mathematischen Modellierung. *** Der Ehrenpräsident der Leibniz-Sozietät, Herbert Hörz, würdigt Siegfried Wollgast in seiner Eröffnung als langjährigen Freund und Kollegen, als Kooperationspartner, als ausgewiesenen Philosophiehistoriker sowie als unermüdlichen Akteur in der Leibniz-Sozietät, vor allem im Arbeitskreis Toleranz. Wollgast war im Jahr 1995 zum Mitglied der Leibniz-Sozietät gewählt worden und am 26. Juni 2017 verstorben. Mit den nachfolgenden Beiträgen werden je unterschiedliche Facetten des umfangreichen Wirkens von Wollgast nochmals deutlich gemacht, denn die Breite seines Wirkens ist beeindruckend. Für Berthold Heinecke, der im Jahre 1990 bei Wollgast in Dresden promoviert hat, ist es ein zufälliges Zusammentreffen, dass dreißig Jahre nach der Veröffentlichung der „Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, 1550–1650“ im damaligen Akademie-Verlag Berlin 1989 das Gedenkkolloquium für Wollgast stattfindet. Dieses Werk – 1993 in zweiter Auflage erschienen – kann nicht nur, was Anspruch und Umfang betrifft (über 1.000 Druckseiten!), sondern auch nach eigenem Zeugnis des Verfassers mit Fug und Recht als ein Lebenswerk angesehen werden. Es stellte zu seiner Zeit eine Pioniertat dar. Heinecke nimmt in seinem Beitrag Dreißig Jahre ‚Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, 1550–1650’ dieses Werk und seine Rezeption in den Blick und leitet daraus zukünftige Aufgaben für die Geschichtsschreibung der frühneuzeitlichen Philosophie aus heutiger Perspektive ab. Armin Jähne, Vizepräsident der Leibniz-Sozietät, geht in Der ‚Oberlausitzer‘ Siegfried Wollgast... davon aus, dass es nicht nur die deutsche und die europäische Frühaufklärung war, mit der sich Siegfried Wollgast die längste 5 Vgl. https://leibnizsozietaet.de/nekrolog-auf-unser-mitglied-prof-dr-siegfried-wollgast/# more-13073 Vorwort 13 Zeit seines Wissenschaftlerlebens beschäftigte, denn das Spektrum seiner Forschungen ginge weit darüber hinaus. Jähne erinnert beispielsweise an die vorbildlichen Studien von Wollgast zu Karl Christian Friedrich Krause, die ihn auch auf Johann Gottlieb Fichte zurückführten. Fichte – wie auch Lessing – waren in Wollgasts philosophiegeschichtlichem Gedankenkreis immer präsent. Es sei die erstaunliche Vielzahl von Frühaufklärern in der Oberlausitz, die bei Wollgast eine besondere Affinität zu dieser eigenartigen politischen Region sui generis wachsen ließ. Es war vor allem Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, zu dem er sich wissenschaftlich hingezogen fühlte. Bewundernswert sei, so der Autor, wie weit Wollgast den Bogen der ihn bewegenden Themen spannte: von der Frühaufklärung über die Utopie in Vergangenheit und Gegenwart, einschließlich von „‚Realem Sozialismus’ und Utopie“, bis hin zu aktuellen Problemen von Toleranz und Intoleranz, Patriotismus und Vaterland. Siegfried Wollgast und das ‚Phänomen‘ Technik ist das Thema des sich anschließenden Beitrags von Gerhard Banse, Präsident der Leibniz-Sozietät. Er konstatiert, dass es im vielfältigen wissenschaftlichen Wirken von Wollgast einen kurzen Zeitraum gab, in dem die ebenso erfolg- wie ergebnisreiche philosophische Beschäftigung mit dem „Phänomen“ Technik ein zentraler Gegenstand war. Inhaltlich ging es Wollgast dabei weniger um die systematische Behandlung der vielfältigen aktuellen Interdependenzen zwischen Philosophie und Technik, sondern sein Interesse galt vor allem (philosophie) historischen Zusammenhängen, galt der Geschichte dieser Interdependenzen, diese dabei nach „Mustern“ und Wiederholungen, aber auch nach Neuansätzen durcharbeitend. Im Beitrag wird ein kurzer Rückblick auf und ein ebenso kurzer Einblick in das gemeinsame Erarbeiten von „Philosophie und Technik“ aus dem Jahr 1979 gegeben. Anschließend befasst sich Hartmut Hecht mit Vernunft und Glaube. Denkanstöße von Siegfried Wollgast. Nach Hecht habe das Verhältnis von Vernunft und Glaube Wollgast zeit seines Lebens beschäftigt und das Thema sei geeignet, sowohl seine Forschungsmethodologie als auch die Kreativität seines Denkens exemplarisch darzustellen. Die Auseinandersetzung von Wollgast mit diesem Thema war zunächst durch seinen bevorzugten Forschungsgegenstand, die Frühaufklärung in Deutschland und Polen, bestimmt. Sie erlangte dann zunehmend allgemeinere Bedeutung und führte schließlich zu Überlegungen, die den Glauben als philosophisches Problem thematisierten. Darauf geht Hecht detaillierter ein. Hermann Klenner schließlich greift in Krauses „Naturrecht für die ganze Welt“ einen inhaltlichen Schwerpunkt im Wirken von Wollgast auf, der 14 Gerhard Banse, Horst Kant Karl Christian Friedrich Krause für einen „Philosophen mit Weltgeltung“ hielt. Für Wollgast war Krause „ein Brückenbauer zwischen Naturrecht und Utopie“, „ein Gegner der Sklavenhalter und -händler wie auch des Prunkstandes der Adligen“, „ein Gegner der durch die Gleichheit vor dem Gesetz gesicherten Ungleichheit unter dem Gesetz“, „ein Vorreiter der Sozialstaatlichkeit samt Recht auf Arbeit, Nahrung, Wohnung und Bildung“, „ein Feind jedes Chauvinismus“, jemand, „der sich zur Ebenbürtigkeit von Mann und Frau bekannte“, „ein Wegbereiter für die Erziehung von Verbrechern durch Verschaffung von Arbeitsgelegenheiten, statt einer primitiven Unterdrückung in Isolationskerkern“. Siegfried Wollgast war – das machen alle Beiträge deutlich – ein Wissenschaftler, der akribisch aus einem enzyklopädischen Wissensfundus schöpfte und dabei stets Anreger und Ratgeber, aber auch (hilfreicher) Kritiker war. Mit dem Kolloquium wurde deutlich, dass er in seiner so vielseitigen Persönlichkeit nicht wenigen ein hilfreicher und treuer Freund geworden war. *** Der 90. Geburtstag unseres vor zwölf Jahren verstorbenen Mitgliedes Hans- Jürgen Treder (1928–2006) war Anlass, sein Wirken in Erinnerung zu rufen. Der nachmittägliche Teil der Plenarsitzung am 8. November 2018 stand deshalb unter dem Thema „Zeitmaß und Kosmologie“. In Ergänzung zu diesem Thema erinnerte Horst Kant eingangs der Veranstaltung an die 50. Todestage von Otto Hahn und Lise Meitner in diesem Jahr. Hahn war 1924 zum Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (eine Vorgängergesellschaft der Leibniz-Sozietät) gewählt worden, Meitner erhielt im gleichen Jahre die Silberne Leibniz-Medaille dieser Akademie und wurde 1948 als erste Wissenschaftlerin Mitglied der dann Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Nach einer kurzen Würdigung ihrer Leistungen wies er auf zwei neue Veröffentlichungen hin. Dierck-Ekkehard Liebscher (Potsdam) hat für seinen Beitrag das Thema Eigenzeit und Weltalter gewählt. 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2019, ISBN: 9783864641763
trafo Wissenschaftsverlag, Broschiert, 300 Seiten, Publiziert: 2019-08-25T00:00:01Z, Produktgruppe: Buch, 0.86 kg, Ethik, Philosophie, Sozialwissenschaft, Kategorien, Bücher, Philosophen,… Mehr…
trafo Wissenschaftsverlag, Broschiert, 300 Seiten, Publiziert: 2019-08-25T00:00:01Z, Produktgruppe: Buch, 0.86 kg, Ethik, Philosophie, Sozialwissenschaft, Kategorien, Bücher, Philosophen, Profis & Akademiker, Biografien & Erinnerungen, Computer & Internet, Luft- & Raumfahrttechnik, Ingenieurwissenschaften, Fachbücher, Kommunikation & Nachrichtentechnik, Ingenieurwissenschaft & Technik, Naturwissenschaften & Technik, Technikgeschichte, Geschichte nach Themen, Politik & Geschichte, Banse, Gerhard, Kant, Horst, trafo Wissenschaftsverlag, 2019<
Disziplinäres & Interdisziplinäres - Historisches & Systematisches - Kolloquium zu Ehren von Lutz-Günther Fleischer, Herbert Hörz, Hans-Jürgen Treder & Siegfried Wollgast - Erstausgabe
2019, ISBN: 9783864641763
Taschenbuch
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], DE, [SC: 3.00], leichte Gebrauchsspuren, gewerbliches Angebot, 210x148 mm, 300, [GW: 391g], [PU: Berlin], 1. Auflage, Banküberweisung, Of… Mehr…
[ED: Softcover], [PU: trafo Wissenschaftsverlag], DE, [SC: 3.00], leichte Gebrauchsspuren, gewerbliches Angebot, 210x148 mm, 300, [GW: 391g], [PU: Berlin], 1. Auflage, Banküberweisung, Offene Rechnung, PayPal, Offene Rechnung (Vorkasse vorbehalten), Internationaler Versand<
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Detailangaben zum Buch - Disziplinäres & Interdisziplinäres - Histoerisches & Systematisches: Kolloquium zu Ehren von Lutz-Günther Fleischer, Herbert Hörz, Hans-Jürgen Treder ... der Wissenschaften zu Berlin e.V.)
EAN (ISBN-13): 9783864641763
ISBN (ISBN-10): 3864641764
Taschenbuch
Erscheinungsjahr: 2019
Herausgeber: Banse, Gerhard, Kant, Horst, trafo Wissenschaftsverlag
Buch in der Datenbank seit 2019-08-22T11:02:18+02:00 (Berlin)
Detailseite zuletzt geändert am 2024-04-16T18:34:44+02:00 (Berlin)
ISBN/EAN: 3864641764
ISBN - alternative Schreibweisen:
3-86464-176-4, 978-3-86464-176-3
Alternative Schreibweisen und verwandte Suchbegriffe:
Autor des Buches: banse, horst kant
Titel des Buches: fleischer
Daten vom Verlag:
Autor/in: Gerhard Banse
Titel: Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V. Disziplinäres & Interdisziplinäres - Histoerisches & Systematisches - Kolloquium zu Ehren von Lutz-Günther Fleischer, Herbert Hörz, Hans-Jürgen Treder & Siegfried Wollgast
Verlag: trafo Wissenschaftsverlag
300 Seiten
Erscheinungsjahr: 2019-08-25
Berlin; DE
Gedruckt / Hergestellt in Deutschland.
Gewicht: 0,391 kg
Sprache: Deutsch
30,70 € (DE)
BC; B131; Hardcover, Softcover / Geisteswissenschaften allgemein; Biografie: Philosophie und Sozialwissenschaften; Verstehen; Allgemeines, Wissenschaft; Kompliziertheit und Kompexität; Wollgast, Siegfried, Philosophiehistoriker (27.9.1933-26.6.2017); Fehlertoleranz; Eigenzeit und Weltalter; Hörz, Herbert; Fehlerhaftigkeit in Natur, Technik und Gesellschaft; Krauses "Naturrecht"; Heuristik im aktuellen Meinungsstreit; Treder, Hans-Jürgen (4.9.1928-18.11.2006); Weltraumrüstung; Fleischer, Lutz-Günther; Naturerkenntnis und Gesellschaftsgestaltung; Ethik und Moralphilosophie; Informationstechnik (IT), allgemeine Themen; Technikgeschichte; Humanistische Philosophie; Nachrichtententechnik, Telekommunikation; Rüstungs- und Waffentechnik; Wissenschaftsphilosophie und -theorie; Luft- und Raumfahrttechnik; Ethische Themen: Entwicklung der Wissenschaft, Technik und Medizin; Für Interessenten an den Lebensleistungen von vier ostdeutschen Naturwissenschaftlern und Philosophen
Vorwort von Gerhard Banse, Horst Kant 9 I. UNBESTIMMTHEIT, UNSICHERHEIT, FEHLERHAFTIGKEIT UND FEHLERTOLERANZ IN NATUR, TECHNIK UND GESELLSCHAFT – LUTZ-GÜNTHER FLEISCHER ZUM 80. GEBURTSTAG Gerhard Banse: Eröffnung und Laudatio 21 Karl-Friedrich Wessel: Der ganze, unvollkommene Mensch (und seine Technik) 25 Werner Ebeling, Rainer Feistel: Fehlerhaftigkeit in der Evolution und bei der Entstehung des Leben 33 Klaus Fuchs-Kittowski: Zum Verständnis der Information und der digitalen Transformation in einer vernetzten und verwundbaren Gesellschaft. Zur Stellung und Verantwortung des Menschen in riskanten informationstechnologischen Systemen 41 Lutz-Günther Fleischer: Die perfekte Imperfektion des Faktischen. Gedanken zum intelligenten Umgang mit der Kompliziertheit und Komplexität – Dankesworte und Schlussbemerkungen 63 IN MEMORIAM SIEGFRIED WOLLGAST (27.09.1933–26.06.2017) Herbert Hörz: In memoriam Siegfried Wollgast. Begrüßung und Einführung 101 Berthold Heinecke: Siegfried Wollgast als Philosophiehistoriker 105 Armin Jähne: Der „Oberlausitzer“ Siegfried Wollgast und die deutsche und europäische Frühaufklärung 117 Gerhard Banse: Siegfried Wollgast und das „Phänomen“ Technik: Eine (kurze) Retrospektive 127 Hartmut Hecht: Vernunft und Glaube: Denkanstöße von Siegfried Wollgast 139 Hermann Klenner: Krauses „Naturrecht für die ganze Welt“. Zur Erinnerung an Siegfried Wollgast 153 KOSMOLOGIE UND ZEITMAß – ANLÄSSLICH DES 90. GEBURTSTAGES VON HANS-JÜRGEN TREDER (04.09.1928–18.11.2006) Horst Kant: Erinnerung an Otto Hahn und Lise Meitner anlässlich ihres 50. Todestages in diesem Jahr 163 Horst Kant: Biographischer Abriss und Hans-Jürgen Treder als Physikhistoriker 173 Dierck-Ekkehard Liebscher: Eigenzeit und Weltalter 185 Klaus Mauersberger: Gedanken zu einem Bildband über Hans-Jürgen Treder 201 Hannelore Bernhardt: Begegnungen mit Hans-Jürgen Treder. Persönliche Erinnerungen 211 Hans-Christoph Rauh: Mehr als nur eine physikphilosophische/naturdialektische Episode. Warum der junge Physik-Philosophie-Student Hans-Jürgen Treder mit seiner unmittelbar nachkriegszeitlichen „naturphilosophischen“ Aspirantur/Promotion scheitern musste 215 PHILOSOPHIE UND NATURWISSENSCHAFTEN – HERBERT HÖRZ ZUM 85. GEBURTSTAG Gerhard Banse: Eröffnung und Laudatio 237 Horst Klinkmann, Herbert Wöltge: Die radikale Lösung: Von der Gelehrtensozietät zur Leibniz-Sozietät 241 Dieter B. Herrmann: Heuristik im aktuellen Meinungsstreit. Befindet sich die Forschung am CERN in einer Sackgasse? 255 Nina Hager: Verantwortung aus Wissen: Wissenschaft und Weltraumrüstung 263 Rainer Schimming: Wozu Dialektik? 275 Lothar Kolditz: Leukipp und der Zufall 283 Herbert Hörz: Naturerkenntnis und Gesellschaftsgestaltung 291 Autorinnen und Autoren 299< zum Archiv...