Hassrick, Royal B:Das Buch der Sioux von Royal B. Hassrick - Stammesgeschichte Tradtion Werte
- gebunden oder broschiert 1992, ISBN: 3893503536
Ihre Idealtugenden waren Tapferkeit, Standhaftigkeit, Freigebigkeit und Weisheit, und um sie zu erreichen, wurde vom einzelnen eine Härte gegen sich selbst gefordert, die an Selbstverleug… Mehr…
Ihre Idealtugenden waren Tapferkeit, Standhaftigkeit, Freigebigkeit und Weisheit, und um sie zu erreichen, wurde vom einzelnen eine Härte gegen sich selbst gefordert, die an Selbstverleugnung heranreichte. Das Buch der Sioux von Royal B. Hassrick Ich bin ein Fuchs, Ich werde sterben müssen. Wenn es etwas Schwieriges gibt, wenn es etwas Gefährliches gibt -Ich werde es tun. Lied des Sioux-Bundes der Präriefüchse Als Kolumbus amerikanischen Boden betrat, waren sie noch ein kleines Volk sesshafter Waldindianer im heutigen North Carolina. Ein Jahrhundert später begannen die Sioux, 1000 km weiter nordwestlich, die bisonreichen Prärien zu erobern -Kampf und Bewegung wurden ihr Lebensinhalt. Ihre Idealtugenden waren Tapferkeit, Standhaftigkeit, Freigebigkeit und Weisheit, und um sie zu erreichen, wurde vom einzelnen eine Härte gegen sich selbst gefordert, die an Selbstverleugnung heranreichte. Nicht jeder war ihr gewachsen, und die innere Anspannung ließ eine Art Volks-Egozentrik entstehen, die nach immer neuem kriegerischem Erfolg verlangte. Dieses Buch zeigt, wie die Sioux empfanden, und vor allem, wie sie lebten - bis heute. Alle Bereiche ihres Lebens werden detailliert beschrieben, ihre Riten und Bräuche, ihr Familienleben, ihre Sexualität und ihre Kindererziehung, ihre Jagd- und Kriegszüge und ihre Vorstellung vom Universum. Zeichnungen veranschaulichen, wie sie Schmuck, Waffen und Haushaltgeräte, z.B. Liegestühle, herstellten, und historische Fotos zeigen, wie sie aussahen. Claus Biegert schrieb das Nachwort zur deutschen Ausgabe. Er schildert aus eigener Anschauung die derzeitigen Probleme in den Reservationen, die Hintergründe von »Wounded Knee« und den Kampf der Sioux um ihr Land. Ein Standardwerk. Royal B. Hassrick, Soziologe und Anthropologe, wurde 1917 in New Jersey geboren. Er ist u. a. Mitglied der Amerikanischen Anthropologischen Gesellschaft sowie des Kuratoriums des Denver Art Museum, in dessen Verlag einige seiner Bücher über Indianer und indianische Kunst erschienen sind. Zur deutschen Ausgabe Die Kontakte zwischen nordamerikanischen Indianern und Europäern sind in den vergangenen zwanzig Jahren so intensiv geworden wie nie zuvor in diesem Jahrhundert. Mit der Besetzung des historischen Ortes Wounded Knee hatten Sioux 1973 versucht, die Medien verstärkt auf ihre bedrängte Lage aufmerksam zu machen. Das Presseecho über die Hintergründe des symbolischen Aufstands war weltweit - und sehr viel positiver als die Resonanz in den USA selbst, die eher von anti-indianischen Gefühlen oder von Gleichgültigkeit bestimmt war. Daraufhin richteten sich die indianischen Gruppen stärker nach Europa. Auf der UNO-Konferenz in Genf 1977 berichteten Delegationen zahlreicher Indianervölker vom Elend und der Unterdrückung ihrer Angehörigen. Sie berichteten, was in ihrem Land totgeschwiegen wurde. Besonders in Deutschland, wo seit 200 Jahren durch Alexander von Humboldt und den Prinzen zu Wied, durch den Indianermaler Carl Bodmer und auch durch Autoren wie Friedrich Gerstäcker, Fritz Steuben und Karl May lebhaftes Interesse für die Lebensweise dieser Völker geweckt wurde, fanden die indianischen Fürsprecher in Europa große Aufnahmebereitschaft. Indem sie von ihren Anschauungen berichteten, brachten sie zugleich auch ihre religiösen Vorstellungen in die alte Welt. Sie fanden damit großes Gehör - zum Teil in solchem Maß, daß die Aufmerksamkeit vom realen Leben der Indianer in Geschichte und Gegenwart abgelenkt wurde. »Das Buch der Sioux« will das Augenmerk auf die Fakten richten. Hassrick bietet die Anatomie eines Volkes, er zeigt die Sioux, Prototypen der Prärieindianer, in all ihren Lebensbereichen. Was in ihren Reservationen in jüngster Zeit geschah, die Rückbesinnung auf die indianische Tradition, die Artikulierung einer ethnischen Minderheit in den USA und ihr Kampf um Freiheit und ein Leben nach ihrer Anschauung, zeigt Claus Biegert in seinem Nachwort auf. Er erhellt die Situation anhand eigener Beobachtungen und Gespräche, die er seit WoundedKnee mit Betroffenen in Amerika führte Vorwort Für viele Menschen sind die Sioux als Krieger und Bisonjäger zum Symbol alles Indianischen geworden - farbige Gestalten von großer Tapferkeit und kraftvoller Erscheinung. Sie waren die Helden der Prärien und Plains in den heroischen Tagen, und sie waren auch die Schurken. Mit Recht ist viel über sie geschrieben worden. Der Versuch, die Eigenheiten, die Verhaltensmuster oder die Vorstellungswelt eines Volkes zu beschreiben, ist kaum weniger anmaßend als der, darzustellen, wie sein Leben als Nation organisiert war. Um die Sioux zu verstehen, scheint es jedoch passend, mit ihrer Sicht der Welt zu beginnen. Offensichtlich war der bezeichnendste Grundgedanke in ihrer Welt, daß der Mensch ein winziger, aber wesentlicher Bestandteil eines gewaltigen Universums sei. Dies wird vielleicht deutlich, wenn man zuerst die Vorstellung der Sioux von der Ordnung der Dinge betrachtet und danach das Muster der Anpassung des einzelnen daran. So versuchen die folgenden Kapitel, den gesamten Lebensrahmen der Sioux von der Beschreibung des Gefüges der Nation bis zum Lebensablauf eines einzelnen zu zeigen. Die Siouxindianer, mit denen sich dieses Buch befaßt, nennen sich Lakota, im Unterschied zu ihren Verwandten, den Nakota oder Yankton-Sioux und den Dakota oder Santee-Sioux. Alle diese Gruppen sprechen eng verwandte Dialekte der Siouxsprache. Da jedoch das Wort Sioux im amerikanischen Verständnis mit den Lakota gleichgesetzt und Sioux ein Synonym für die gesamte Kultur der Plainsindianer wurde, wird der Begriff durch das ganze Buch hindurch verwendet. Das Buch will das Leben der Sioux darstellen, wie es in der Epoche ihrer stärksten Aktivität und ihres größten Ruhms war - in der kurzen Spanne von weniger als fünfzig Jahren zwischen den 30er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Zu diesem Zweck wurde reichlich von den Beobachtungen und Berichten vieler Informanten und Autoren Gebrauch gemacht. Als dieses Buch begonnen wurde, waren zum Glück noch Sioux am Leben, die sich an die große Epoche der Stammesgeschichte aus ihrer frühen Kindheit oder aus den Erzählungen ihrer Eltern oder Großeltern erinnerten. Unter diesen Bindegliedern zu einer verschwundenen Welt finden sich Namen, die häufig in diesem Buch Vorkommen: Arnold Iron Shell, Leader Charge, Blue Whirlwind, Little Day, High Bald Eagle und Rattling Blanket Woman. Dann gab es auch solche, die zwar jünger waren, aber die Worte ihrer Vorfahren aufmerksam gehört hatten und bereit waren, sie weiterzugeben. Zu ihnen gehörten James Black Horse und seine Frau Brings the White Buffalo, Charles Chasing Crane, Jesse Bordeaux, Mabel Standing Soldier, Rose Running Llorse und Mary und Irene Red Shirt. So sind die eigentlichen Autoren großer Teile dieses Buches über die Sioux die Sioux selbst. Das Buch stützt sich auch auf alte Berichte von weißen Reisenden und Händlern über die Sioux sowie auf die historischen und anthropologischen Arbeiten über sie, die in diesem Jahrhundert geschrieben wurden. Das Ergebnis ist nicht die Vorstellung eines einzelnen vom einstigen Leben der Sioux, sondern ein aus vielen Meinungen, indianischen wie nichtindianischen, zusammengesetztes Gesamtbild. Im Mittelpunkt des Folgenden stehen das Denken und die Ansichten der Sioux, denn Menschen sind und werden weitgehend, was sie selbst zu sein glauben oder sein wollen. Was sie sich vorstellen und wie sie diese Vorstellungen deuten und der Vernunft unterordnen, kann daher einen Einblick in ihr wirkliches Sein gewähren. Durch das ganze Buch zieht sich das Doppel-Thema von Selbstausdruck und Selbstverleugnung. Anhand des Beispiels der Sioux wird der Versuch unternommen, den offensichtlichen Konflikt zwischen Selbst und Selbstlosigkeit zu analysieren, indem zuerst gezeigt wird, daß die Notwendigkeit, den Konflikt zu lösen, ein fundamentales Element jeder Lebensweise ist, und danach, daß der eigentliche Sinn des Lebens verlorengehen kann, wenn die Möglichkeit, den Konflikt auf eigene Art zu lösen, verweigert wird. Selbstausdruck enthält den Gedanken der Ichbewahrung. In seinem weitesten Sinn schließt er das Bestreben ein, Mittel der Befriedigung, Selbsterhaltung und Möglichkeiten zur Überwindung der Furcht, einschließlich der Todesfurcht, zu suchen. Als Einzelwesen und doch gesellig Lebender hat der Mensch ein ständiges Bedürfnis, seine Person, seine Gesellschaft und seine Kultur den Veränderungen der Natur, der Gesellschaft und des Selbst immer wieder anzupassen, um ein Gleichgewicht zu erreichen, in dem sich das Leben erhalten läßt. Diese fortwährende und notwendige Neuanpassung erfordert jedoch eine grundlegende Konformität, eine Verleugnung des Selbst, ein Opfer durch Selbstlosigkeit. Der Konflikt von Selbst und Selbstlosigkeit äußert sich in solcher Komplexität, daß eine Vielzahl von Anpassungsmustern möglich ist -darunter einige recht bizarre. Dem Problem von Selbst und Selbstlosigkeit zugeordnet (und oft untrennbar davon) ist der entsprechende Gedanke von Sicherheit durch Wandel. Sicherheit für den einzelnen und die Gruppe ist ein wesentlicher Aspekt der Ichbewahrung, und häufig ist man der Ansicht, sie sei nur durch das Aufrechterhalten eines Status quo zu erreichen. So glauben viele, das Überleben hinge vom strengen Festhalten an der religiösen Lehre, an den Formen der familiären Wechselbeziehungen oder der Wohnweisen ab, die erprobt und zuverlässig sind. Doch Sicherheit und Überleben sind nicht identisch, denn die im Individuum, in seiner Gesellschaft, in seiner Kultur und in seiner Umgebung wirkenden Veränderungen erfordern Anpassungen und Neuanpassungen, die ihrerseits neu beurteilt und neu bewertet werden müssen. Es ergibt sich in dem Buch eine grundsätzliche These, die die Falschheit des Glaubens an Sicherheit allein auf Grund des Status quo aufdeckt und die Dringlichkeit eines ernsthaften Glaubens an ein Üb, Augsburg, Weltbild Verlag, 1992<