Die Jugendweihe : eine Kulturgeschichte seit 1852. ; Rolf Dreier. Mit einem Vorw. von Sigmund Jähn und einem Ratgeberteil für Eltern und Teilnehmer - gebrauchtes Buch

Die Jugendweihe zählt für viele zu den grundlegenden Einrichtungen des DDR-Zeitalters. Als Gegeninstitution zu den kirchlichen Traditionen von Kommunion und Konfirmation wurden dabei fast alle Jugendlichen in Ostdeutschland durch diese Feier in das Erwachsenwerden entlassen. Doch ist die Jugendweihe keine Erfindung der DDR. Sie existiert in Deutschland seit 1852, als der freikirchliche Pfarrer Eduard Baltzer mit einer Jugendweihefeier Mädchen und Jungen in seine freireligiöse Gemeinde aufnahm.

Joachim Chowanski und Rolf Dreier legen mit ihrem Buch zum einen einen geschichtlichen Abriss zur Entwicklung der Jugendweihe in Deutschland vor. Sie berichten von ihrer Entstehung in Abgrenzung zur Staatskirche des 19. Jahrhunderts, von ihrer Entwicklung in der Gesellschaft der Arbeiterbewegung bis 1918 und zur Herrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland.

Ausführlich untersuchen sie die Einrichtung Jugendweihe in der DDR. Sie fragen nach Freiwilligkeit der Teilnahme, nach den Jugendstunden und ihren Inhalten, nach dem Teilnehmerheft und dem Gelöbnis, das die Jugendlichen bei ihrer Jugendweihe abzulegen hatten. Deutlich wird dabei, wie der Staat die Jugendweihe in immer stärkerem Maße dazu benutzte, Jugendliche auf die Maximen des sozialistischen Arbeiter-und-Bauern-Staates in Bruderschaft mit der Sowjetunion einzuschwören. Doch konstatieren die Autoren demgegenüber ein Engagement von ehrenamtlichen Mitarbeitern, die sich in idealistischer Weise um Jugendliche mit ihren Fragen nach Sinn und Zukunft der Welt gekümmert hätten.

Auch der Umbruch von 1989/90 wird beleuchtet. Die Jugendweihe ist jedenfalls in den Neuen Bundesländern weiterhin eine feste Einrichtung, die von einem Verein getragen wird.

Das Buch will informieren und dazu beitragen, Toleranz in Weltanschauungsfragen und das Gespräch zwischen kirchlichen und nichtkirchlichen Kreisen, die Jugendliche auf ihrem Weg ins Erwachsenwerden begleiten, zu fördern. --Stefanie Ott-Frühwald