2002, ISBN: 9783931253981

Politik und Popularisierung im J. F. Lehmanns Verlag 1890-1979, Buch, Hardcover, "Sie haben nicht nur durch Ihre verlegerische Tätigkeit in hohem Maße dazu beigetragen. den nationalen Ged… Mehr…

Politik und Popularisierung im J. F. Lehmanns Verlag 1890-1979, Buch, Hardcover, "Sie haben nicht nur durch Ihre verlegerische Tätigkeit in hohem Maße dazu beigetragen. den nationalen Gedanken und vor allem das Rasseempfinden im deutschen Volke zu fördern, sondern auch zu einer Zeit. in der unsere Freunde zu zählen waren, persönlich alles, was in Ihren Kräften stand, getan. um der Idee des Nationalsozialismus zum Siege zu verhelfen." Diese Worte Adolf Hitlers aus dem Jahre 1934 dokumentieren das Engagement des Verlegers Julius Friedrich Lehmann, dessen "nationaler Verlag" sich mit Werken zur Rassenhygiene, der Publikation von Weltkriegserinnerungen. wehrwissenschaftlichen Reihen, Flugschriften, diversen Fachjournalen und politischen Zeitschriften ebenso profilierte wie mit renommierten Anatomie-Atlanten und medizinischen Fachbüchern. Konfrontiert mit der Vergangenheit des Verlagsgründers regte die LEHMANNS Fachbuchhandlung GmbH eine Aufarbeitung der Geschichte des J. F Lehmanns Verlages an, um sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dieser Band liefert einen materialreichen Beitrag zu der Frage, wie nationalistische Ideologie im frühen 20. Jahrhundert durch den Einsatz von Medien in Wissenschaft und Publizistik politische Wirkungen erzielte. "Auch mehr als 50 Jahre nach dem Ende des NS-Regimes ist es nicht zu spät, Geschichte und Vorgeschichte von Institutionen und Firmen aufzuarbeiten. So ist es ein beachtenswertes Unternehmen der LEHMANNS Fachbuchhandlung GmbH, sich mit der Geschichte des J. F Lehmanns Verlages und der des Gründers auseinander zu setzen." Prof. Dr. Dr. Rolf Winau, Direktor des Zentrums für Human- und Gesundheitswissenschaften der Berliner Hochschulmedizin Namensfindung: In der zweiten Julihälfte des Jahres 1981 teilte Herr Michael Urban, zu dieser Zeit In¬haber der Rothacker Buchhandlungen und des Urban & Schwarzenberg (heutigen Urban & Fischer) Verlages (München, Wien) auf kurzfristig einberufenen Betriebsversammlungen allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit, dass mit Wirkung vom 1.8.1981 die zum Unternehmen gehörenden Buchhandlungen an den Deutschen Ärzte-Verlag (Köln) verkauft wurden. Vom Verkauf nicht betroffen seien die zum Unternehmen gehörende Versandbuchhandlung ,Rothacker' und der Firmenname selbst. Der Verkauf der fünf Rothacker-Buchhandlungen in Berlin (Leiter und Prokurist: Bernhard Singelnstein; Betriebsratsvorsitzender: Volker Thurner), in Köln, München (zwei Filialen) und in Regensburg (Leiter und Prokurist: Manfred Hahn) wurde mit der 5 schlechten Ertragslage und der ungünstigen Perspektive für stationäre Fachbuchsorti¬mente begründet. Als Firmenname für das vom Deutschen Ärzte-Verlag gekaufte Unternehmen wurde uns J. F. Lehmanns Medizinische Buchhandlung" genannt. Dieser Name, der nur noch als Firmenmantel (seit über 10 Jahren ohne Geschäftstätigkeit) im Handelsregister als OHG (Offene Handelsgesellschaft) registriert war, sei als neue GmbH bereits im Handelsregister angemeldet. Im übrigen wurde der Firmenname vom Verlag Urban & Schwar¬zenberg unentgeltlich an den Deutschen Ärzte-Verlag abgegeben. Wegen der politischen Vergangenheit des Julius Friedrich Lehmann äußerte der Betriebsrat auf der Mitarbeiterversammlung in Berlin sehr starke Bedenken gegen diesen Firmennamen. An dieser Mitarbeiterversammlung nahm auch Herr Dr. Klinkhammer, damaliger Geschäftsführer des Deutschen Ärzte-Verlages, teil. Durch die Stellungnahme des Betriebsrates und durch die teilweise sehr hitzige Diskussion während der Versammlung wurde Herrn Dr. Klinkhammer, wie er später in diesem Zusammenhang immer wieder glaubhaft versichert hat, erstmals bewusst, welche unheilvolle Rolle der Träger dieses Namens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gespielt hatte. Trotzdem blieb es bei der Firmierung, da mittlerweile die Eintragung der GmbH unter diesem Na¬men ins Handelregister erfolgt war und eine Änderung nicht möglich schien. In den Jahren 1981/2/3 wurden wir als Mitarbeiter in leitender Funktion immer wieder von Kunden auf die politische Vergangenheit des Firmennamens angesprochen. In vielen Einzelgesprächen konnten wir diese Kunden davon überzeugen, dass die neue Firma keine Nachfolgefirma des J. F. Lehmanns Verlages ist. Auch in späteren Jahren wurden wir wiederholt mit der falschen Namenswahl konfrontiert. Zuletzt in einem Artikel am 10.4.1997 im Münchner Stadtanzeiger, einer Beilage der Süddeutschen Zeitung und am 18.4.1997 in einem Leserbrief in Neues Deutschland. Diese immer wieder aufkeimende Diskussion um unseren Firmennamen machte den leitenden Mitarbeitern des Unternehmens deutlich, dass die Hoffnung nicht trägt, durch Gespräche und unsere tägliche Arbeit zu zeigen, dass wir mit Julius Friedrich Lehmann und seiner geistigen Haltung nichts gemein haben und nicht in dieser Tradition stehen. Deshalb beschloss die Geschäftsführung eine Änderung des Firmennamens und rief zu diesem Zwecke alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf, sich durch Vorschläge an der Namensfindung zu beteiligen. Leider war das Engagement bei der Namenssuche nicht von Erfolg gekrönt, da die Industrie- und Handelskammer in Köln uns nach Vorlage und Prüfung mitteilte, dass alle von uns genannten Namen nicht verwendet werden dürfen. Es blieb uns daher nur die Möglichkeit der Umbenennung von ,,J. F. Lehmanns Medizi¬nische Buchhandlung GmbH" in "Lehmanns Fachbuchhandlung GmbH". Jedoch war auch diese Umbenennung nicht einfach zu bewerkstelligen, da wir eine lebende Person mit dem Namen "Lehmanns" finden mussten, die auch noch bereit war, für kurze Zeit Gesellschafter des Unternehmens zu werden. Nur einer solchen Person war es nämlich möglich, die von uns angestrebte Umbenennung beim Handelsregister anzumelden. Am 22.12.1997 konnte die Namensänderung endlich durchgeführt werden. Im Juli 1998 waren alle Drucksachen, z.B. Briefpapier, Kataloge, Rechnungen, Quittungen usw. so¬wie die Außenbeschriftungen der Läden umgestellt. Zum 1.4.1991 haben wir unseren damaligen größten Mitbewerber, die Firma Otto Spatz, die in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, übernommen. Diese Firma betrieb medizinische Fachbuchsortimente in München, Hamburg und Hannover. Durch den Verkauf konnte der drohende Konkurs abgewendet und ca. 50 Arbeitsplätze gerettet werden. Erst durch den Artikel von Frau Christine Kirschstein im Münchner Stadtanzeiger vom 10.4.1997 haben wir von der politischen Vergangenheit der Familie Spatz, bzw. der Firma Otto Spatz erfahren. Eine Namensänderung der verbliebenen Otto Spatz Buchhand¬lung in München ist geplant, lässt sich aber zur Zeit aus objektiven Gründen nicht realisieren. Durch die Namensänderung und auch durch die Begleitung dieses Buchprojektes möchten die Geschäftsführung und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeigen, dass unser Selbstverständnis und unser Unternehmen zu keiner Zeit mit den politischen Ansichten des Julius Friedrich Lehmann und dem Geist der Veröffentlichungen seines Verlages übereinstimmten und dieses auch in Zukunft nicht tun werden. Wir danken Frau Dr. Sigrid Stöckel, die als Herausgeberin für dieses Buch zeichnet und Frau Professor Brigitte Lohff (Medizinische Hochschule Hannover, Abteilung Medizin¬geschichte, Ethik und Theoriebildung der Medizin), die diesem Buchprojekt mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat. Dem Deutschen Ärzte-Verlag, deren Geschäftsführern Herrn Hermann Dinse und Herrn Dieter Weber sowie Herrn Professor Dietrich Götze und Herrn Arnoud de Kemp vom Springer Verlag (Berlin, Heidelberg, New York), die durch großzügige Spenden dieses Buch mitfinanziert haben, danken wir für die Unterstützung. Manfred Hahn, Geschäftsführer Lehmanns Fachbuchhandlung GmbH Bernhard Singelnstein, stellv. Geschäftsführer Lehmanns Fachbuchhandlung GmbH Volker Thurner-Meischen, Prokurist Lehmanns Fachbuchhandlung GmbH , gebunden, Seiten: 328, Lehmanns, 2002<