Albert Lortzing. Glanz und Elend eines Künstlerlebens - Erstausgabe

Es ist schon seltsam. Zusammen mit Mozart, Verdi oder Puccini zu den am häufigsten aufgeführten Komponisten auf hiesigen Opernbühnen zählend, blieb die Figur Albert Lortzings stets hinter seinem Werk verborgen. Schulen und Straßen wurden nach ihm benannt, doch verbindet man kein Bild mit dem Manne, dessen Melodien aus Zar und Zimmermann, Freischütz oder Undine, aus dem Klassikrepertoire gar nicht mehr weg zu denken sind. Da Lortzing immer schon (fälschlicherweise, wie der Autor nachweist), vom Ruch des harmlos-seichten Biedermeierkomponisten umweht war, hielt man es offenbar kaum für nötig, ihn und seine "Volksopern" biografisch zu würdigen. Nun endlich, zum 200. Geburtstag des Musikers, wird der große Unbekannte endlich aus seinem Schattendasein hervorgeholt.

Ein überreiches, tragisches und kurzes Leben breitet sich vor uns aus. Bereits als Halbwüchsiger verließ der am 23. Oktober 1801 in Berlin geborene Lortzing zusammen mit seinen Eltern die Heimatstadt, um mit ihnen das unstete Leben einer Wanderschauspieltruppe zu führen. Frühe Theaterlehrjahre -- Lortzing war Sänger, Akteur und Dramaturg in einem -- in denen sich das Credo seines gesamten Lebenswerks bildete: Publikumswirksamkeit. Lortzings Kunst wollte gefallen, nicht verändern. Waren seine Melodien zwar zündend-leichte Gassenhauer, enthielten die Libretti jedoch oft genug ironische Seitenhiebe auf das Besitzbürgertum.

Im Deutschland des Vormärz quälte Lortzing indes der Ruf des unpolitischen Lustspielfabrikanten, vom Publikum geliebt, von der Kritik belächelt. Dass ausgerechnet er jedoch, das "Idol des Biedermeiers", im Jahre 1848 die einzige Revolutionsoper, Regina, geschrieben hatte, wurde weitgehend übersehen. Im Jahre 1851, Lortzing konnte inzwischen auf ein ungeheures musikalisches Werk zurückblicken, verstarb er unerwartet. Chronische Geldnot, endlose Engagementwechsel und das ewige Gefühl des Unverstandenseins hatten ihn aufgezehrt. Geblieben sind Werke von einer Lebensfähigkeit und Publikumswirksamkeit, die sich bis heute erhalten hat. Eine gelungene Biografie, allein der Anhang mit seiner umfangreichen Zeittafel bietet eine exzellent komprimierte Geschichtsstunde aus Deutschlands wichtigsten Tagen. --Ravi Unger