Gennariello könnte ein Mädchen sein: Essays über Pasolini - Taschenbuch

Variationen über den schwulen Dichter, Filmregisseur und unabhängigen Sozia­listen Pier Paolo Pasolini, dem, 1975 ermordet, noch heute und stärker denn je auch in Deutschland größtes Interesse entgegengebracht wird. Die aus der sub­jektiven Begegnung mit Pasolini erwach­senden Essays wollen kein biografisches Porträt dieses 'enfant terrible' darstellen, sondern kreisen um einzelne Fragen wie der des Verhältnisses von Kunst und Revolution, von Päderastie und Pädagogik, von Homosexualität und sozialistischem Kampf.

In ähnlicher Weise hat sich Friedrich Kröhnke bereits dem Leben und Werk Klaus Manns gewidmet (Propaganda für Klaus Mann), ihn - wie es auf dem Forum "Homosexualität und Literatur" 1981 in Meschede ausgedrückt wurde - "vereinnahmt". Mit Pasolini ist es jedoch nicht dasselbe wie mit Klaus Mann. Während es dahingestellt bleiben muss, wie sich Klaus Mann zu dem neuen Aufschwung der Arbeiterbewegung und des Jugendprotests seit 1967 gestellt hätte, so ist, was P.P.P. angeht, festzu­stellen, dass er gerade diese historische Chance ignoriert oder nicht begriffen hat.

Eine Abrechnung mit P.P.P. ist dieses Büchlein gleichwohl nicht. "Es ist noch die altjunge Revolution. Die Jugend will sie nicht durch den Terrorismus von Desparados 'ersetzen'. Und die KPI wird sie nicht machen. Und du, Pier Paolo, du lebst nicht mehr. Wärst du noch am Leben, würdest du das irgendwann erkennen, denn alt wirst du ja nicht, gehörst zu jenen Sonderbaren, und gerade darin gehörst du zu ihnen, dass du nicht den jovialen Freund der Jugend spielen woll­test. Irgendwann hättest du dich mit uns zu neuen Fahnen bekannt, die doch zu­gleich die alten bandiere belle sind."

Friedrich Kröhnke, geb. 1956 in Darm­stadt, lebt in Köln, Dr. phil., Mitheraus­geber der WANDERBÜHNE, Zeitschrift für Literatur und Politik. Veröffentl.: "Propaganda für Klaus Mann", 1981; "Jungen in schlechter Gesellschaft", 1981; "Gorki-Kolonie. Nachtstücke", 1983.