David Sheppard ? Elvis Costello - gebrauchtes Buch

Seit immerhin 25 Jahren ist er einer der kreativsten Köpfe der Popmusik und überrascht Fans wie Kritiker immer wieder mit ungewöhnlichen Alben, die sich um die herkömmlichen Stilgrenzen wenig kümmern. Und war es für einen Newcomer reichlich unverschämt, den Namen des "King of Rock'n'Roll" (ausgerechnet 1977, im Jahr seines Todes) anzunehmen, so hat Elvis Costello sich dessen inzwischen würdig erwiesen -- auch wenn er gerne zwischendurch unter anderen Pseudonymen wie Little Hands of Concrete, Napoleon Dynamite, The Imposter oder unter seinem richtigen Namen Declan Patrick MacManus Platten veröffentlicht hat.

Eines darf man von David Sheppards Buch über den "Vater des New Wave" nicht erwarten: Einblicke in dessen Privatleben. Der bekannte britische Musikjournalist interessiert sich fast ausschließlich für den Musiker Costello, das aber sehr kompetent: Das Herzstück des Buches ist eine ausführliche Diskografie, in der Sheppard auf jedes Album, jeden Song dieser langen und abwechslungsreichen Karriere eingeht. Das macht ziemlich viel Spaß, die alten Scheiben mal wieder zu hören und zu jedem Lied Sheppards Kurzkritik zu lesen. Trotz aller Bewunderung für Costellos Schaffen, hat er sich dabei eine angenehme Kritikfähigkeit erhalten. Wenn ihm etwas missfällt, schreibt er das auch, z.B. über Goodbye Cruel World von 1984: "Ein düsterer, verhaltener und wenig liebenswerter Mischmasch. Bis heute Costellos Tiefpunkt -- wie man es auch dreht und wendet."

Nur manchmal übertreibt es David Sheppard mit seiner Fachkompetenz etwas und benutzt Ausdrücke, beispielsweise "AOR-Mittelmaß", "CBGB-Punk", "MOR-Formen", die den durchschnittlichen Leser eindeutig überfordern. Ansonsten versteht es diese Biografie hervorragend, einem den Werdegang und das ungewöhnliche Talent Costellos nahe zu bringen: von seinen Anfängen in der Punkära, über die teils ausufernde Tourneetätigkeit mit seiner Band The Attractions und Kooperationen mit Songwriter-Größen wie Paul McCartney oder Burt Bacharach, bis hin zu seinen Experimenten, Pop und Klassik zu vermischen, z.B. mit dem Brodsky Quartet oder zuletzt auf For The Stars mit der Mezzospranistin Anne Sofie von Otter.

Überzeugend finde ich auch das Konzept der Reihe The Music Makers, sich ganz auf die Musik zu konzentrieren und wirklich auf jeden einzelnen Song einzugehen. Man kann nur hoffen, dass der Hannibal Verlag noch viele weitere Bände herausbringt. Mir würden da jede Menge Musiker und Gruppen einfallen. --Christian Stahl