Eugenik und Pädagogik: Erziehungswissenschaft in einer eugenisierten Gesellschaft (Juventa Paperback) - Taschenbuch

Es geht um die Begegnung zweier Großprojekte zur Verbesserung des Menschen. Pädagogik versucht die Verbesserung mit erzieherischen, Eugenik mit biologischen Mitteln. Die erste Begegnung ereignete sich vor gut hundert Jahren, bei der zweiten sind wir Zeitzeugen. Schon bei der ersten Begegnung zeigte sich die Eugenik als Anwendungsperspektive der Bio-Wissenschaften. Die Pädagogik hat ihre disziplinäre Identität durch Abgrenzung und durch Ausbildung eines eigenen Verständnisses von der Natur des Menschen gesichert. Damit haben die neueren Bio-Wissenschaften ihre Probleme. Eine biowissenschaftliche Fraktion innerhalb der Pädagogik teilt diese Sicht und mahnt eine Verjüngungskur an. Damit stellt sich die Frage des Umgangs mit der alten und neuen Anwendungsperspektive der Bio-Wissenschaften, mit der Nachbesserung der biologischen Natur des Menschen durch genetische Manipulation. Eugenik in der Petrischale ist keine müßige Spekulation mehr und wird gegenwärtig als liberale Eugenik ausführlich diskutiert. Die anthropologische und sozialethische Arbeitsgrundlage der Pädagogik steht zur Disposition, weil die für unverfügbar gehaltene Natur des Menschen in den Möglichkeitsraum des Verfügbaren gerückt ist. Eine biowissenschaftlich modernisierte Erziehungswissenschaft wird um das Thema Eugenik nicht herum kommen. Inhalt Einleitung 1. Bio-Wissenschaften und neue Eugenik ¿ Warum sich die Pädagogik im Diskurs-Abseits nicht einrichten sollte 1.1 Die Schatten der Vergangenheit und die Unbrauchbarkeit retrograder Dammbruch-Argumente 1.2 Das Veralten der Arbeitsteilung entlang der Grenze zwischen Natur und Kultur 1.3 Machbar oder nicht machbar? Hoffnung auf die Unmöglichkeit 2. Pädagogik und alte Eugenik ¿ Die erste Begegnung mit den Bio-Wissenschaften 2.1 Die eugenische Verbesserung des Menschen in Deutschland, Europa und auf der ganzen Welt 2.1.1 Zur Vorgeschichte 2.1.2 Menschheit oder Rasse? 2.1.3 Der Vererbungs-Diskurs 2.1.4 Von der Entartung zur Aufartung 2.1.5 Wege der Verankerung in Wissenschaft und Gesellschaft 2.1.6 Eugenische Praxis 2.1.7 Kritik und Neuausrichtung 2.2 Die Begegnung: Erste Phase 2.2.1 Desozialisierung und Resozialisierung der menschlichen Natur ¿ Jean-Jacques Rousseau, Ernst Christian Trapp, Friedrich Schleiermacher, Theodor Waitz 2.2.2 Die Natur des Kindes und seine Entwicklung ¿ William Thierry Preyer 2.2.3 Begegnungsrecherchein zwei pädagogischen Wörterbüchern 2.2.4 Begegnungsrecherche bei Otto Willmann, Paul Bergemann, Ellen Key und Paul Barth ¿ Die pädagogische Rezeption des Entwicklungsgedankens 2.2.5 Der Begabungsdiskurs und die Schulreform ¿ Wilhelm Schallmayer, Wilhelm Hartnacke, Ernst Meumann, William Stern 2.2.6 ¿Die Familie Kallikak¿ und Karl Wilker 2.3 Die Begegnung: Zweite Phase 2.3.1 Zwei Eugeniker und ihre Auseinandersetzung mit der Pädagogik ¿ Fritz Lenz und Günther Just 2.3.2 Pädagogik und Eugenik in zwei Fachzeitschriften ¿ ¿Die Erziehung¿ und das ¿Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie¿ 2.3.3 Die besonders sensiblen Felder der Eugenik ¿ Familienpolitik, Fürsorgeerziehung, Heilpädagogik 2.3.4 Zwei geisteswissenschaftliche Pädagogen und ihre Haltung zur Eugenik und Biologie ¿ Eduard Spranger und Herman Nohl 2.3.5 Pädagogische Soziologie und Eugenik ¿ Carl Weiß 2.3.6 Der pädagogische Menschenzüchter Ernst Krieck und seine Probleme mit der biologistischen Rassenhygiene 2.3.7 Eine ¿Umfrage über Schulbegabung¿ 2.4 Die erste Begegnung ¿ Zusammenfassung 3. Pädagogik im Zeitalter der neuen Eugenik ¿ Die zweite Begegnung mit den Bio-Wissenschaften 3.1 Eugenik im Abseits ¿ Reformpädagogische Zwischenzeit 3.2 Wege zur liberalen Eugenik 3.2.1 Ein ¿genetisches Manifest¿ 3.2.2 Die neuen Bio-Wissenschaften ¿ Gen-technologische und reproduktions-medizinische Revolution und die Wiederkehr der Sozialbiologie 3.2.3 Genetic Counseling/Humangenetische Beratung 3.2.4 Generative Selbstbestimmung und das Recht auf ein besseres Leben 3.2.5 Privat und öffentlich nachgefragte Eugenik 3.2.6 Liberale Eugenik ¿ wie sie sich von der alten Eugenik unterscheiden will 3.3 Pädagogik und liberale Eugenik 3.3.1 Die Parallelisierung von erzieherischer und eugenischer Verbesserung in der liberalen Eugenik 3.3.2 Die Resozialisierung der kontingenten Natur des Kindes 3.3.3 Das neue Auftragsverhältnis und das Ende der Unbefangenheit 3.3.4 Neue Chancen-Ungerechtigkeit und die Gefahr der Exklusion und Diskriminierung 3.3.5 Ausblicke auf die neue Rolle der Pädagogik 3.4 ¿Pädobiologie¿ ¿ Theorie-Import ohne eugenische Anwendungsperspektive? 3.5 Abschließende Bemerkung Literatur