Die Niederlage als Generationserfahrung: Jugendliche nach dem Zusammenbruch der - Taschenbuch

Es kommt in der Geschichte nicht oft vor, dass die Jugendentwicklung einer ganzen Generation von einer historischen Katastrophe förmlich durchschnitten wird. Gegenstand dieses Buches ist eine solche Generation, die das Kriegsende des Zweiten Weltkriegs mitten in ihrer Pubertät und Adoleszenz erlebte. Es geht um die Geburtsjahrgänge, die ihre Kindheit im Dritten Reich, mit dem erwachenden Bewusstsein der Heranwachsenden den Niedergang und den Kollaps der NS-Herrschaft erlebten und in den Wirbel der Eroberung des eigenen Landes psychisch und physisch hineingerissen wurden. Von besonderem Interesse sind die frühen Versuche dieser jungen Leute zu verstehen, was da eigentlich mit ihnen geschehen war, und wie sie damit zurecht kamen. Im Mittelpunkt stehen Mentalitätsprozesse von Jugendlichen. Dabei wird besonders auf die frühen Formen politischen Verstehens unter den eingeschränkten Bedingungen der Besatzungsjahre und auf das Erwachen zu neuer Existenz eingegangen. Als Material werden Autobiographien und Erinnerungen von Autoren dieser Jahrgangsstufen ausgewertet und daraus die Lineaturen eines Generationsprofils entwickelt. Wo es um differenzierte geistige Orientierungsprozesse geht, für die nicht viel Material vorliegt, hat der Verfasser auch auf eigene Erlebnisse zurückgegriffen. Deshalb haben mehrere Kapitel autobiographischen Zuschnitt, hinter dem aber immer die alters- und generationsspezifischen Züge sichtbar bleiben. Das entwickelte Generationsprofil wird im Schlussteil des Bandes der zweiten profilierten Nachkriegsgeneration, den sog. 68ern, gegenübergestellt. Inhalt 1. Die ¿45er¿ als Generation 1.1 Jugendliche in der Umbruchzeit um 1945 1.1.1 Zur Herrschaftsstruktur des Dritten Reiches 1.1.2 Sozialisation im Dritten Reich 1.1.3 Das Doppelgesicht des Kriegsendes 1945 1.2 Schwierigkeiten des Zugangs zur Erfahrungswelt Jugendlicher um 1945 1.3 Die ¿45er¿ im Spiegel neuerer Autobiographien ¿ Einzelfälle und Generationseinheit 1.4 32 neuere Autobiographien 1.4.1 Die Sonderrolle der Geburtsjahrgänge 1922 bis 1933 1.4.2 Kurzcharakteristiken der Autobiographien 1.5 Fragerichtungen der Auswertung 1.5.1 ¿Kameradschaft¿ ist nicht mehr tragfähig 1.5.2 Eingelernte Urteile zerbröckeln 1.5.3 Willkür und Bosheit ¿ Ist der Mensch böse? 1.5.4 Ohnmachtserfahrungen 1.5.5 Auflösung von Zugehörigkeits- und Loyalitätsgefühlen 1.5.6 Erste Orientierungsschritte nach Kriegsende: Nachdenken und Fußfassen 1.5.7 Kategorien der Positionssuche: Gerechtigkeit, Religion, Kultur 1.5.8 Sonderfall NS-Eliteschüler 1.5.9 Neue Akzente zum Erleben der Flakhelfer 1.5.10 Verarbeitungsansätze der noch Jüngeren 1.6 Bausteine für ein Generationsprofil 1.6.1 Die Signatur der ¿45er¿ 1.6.2 Eine ¿alte¿ Jugend 1.6.3 Der Trennungsstrich zum Gestern 1.6.4 ¿Demokratie¿, ¿Freiheit¿ ¿ was ist das? 1.6.5 Das Fertigwerden mit der Niederlage 1.6.6 Die Revisionsbedürftigkeit bestimmter Öffentlichkeitsbilder 2. Geschichte am eigenen Leib erleben 2.1 Film und Buch ¿Die Brücke¿ ¿ eine Distanzierung 2.2 Meine Brücke vom März 1945 ¿ keine Fiktion 2.2.1 ¿Es kommt näher¿ 2.2.2 ¿Es ist da¿ 2.2.3 ¿Das war¿s dann¿ 2.3 Nullpunkt im Nirgendwoland 2.4 Zurück in Deutschland 3. Lernen, was Welt ist 3.1 Die undeutlichen Jahre 1946-1948 3.1.1 ¿Ameisen¿ ¿ Wahrnehmungen der Besatzungsjahre 3.1.2 Zurück im Gymnasium 3.1.3 Gruppenmentalitäten ¿ Spätreflexe alter Gemeinschaftserziehung 3.1.4 Unbeachtete Jugend 3.2 Türen öffnen sich: 1949-1950 3.2.1 Die Moderne ¿ Hunger nach einer neuen Welt 3.2.2 Thomas Mann ¿ eine jugendliche Rezeption auf Umwegen 3.2.3 Boden unter den Füßen 4. Wirkungen und Grenzen von Generationserfahrungen 4.1 Subjektive Zeiterfahrung ¿ unersetzbar, aber nicht ausreichend 4.2 Erinnerung unter der Übermacht der Geschichtsschreibung 4.2.1 Die Dynamik der Erinnerung 4.2.2 Schwerpunkte der NS-Forschung und ihre Bedeutung für die subjektive Erinnerungsarbeit Erlebnisberichte und Erinnerungen Totalitarismus-Theorien Faschismus-Theorien Kult und ¿Religion¿ des Nationalsozialismus Judenverfolgung und Holocaust Alltagsgeschichte Der Luftkrieg Das Wechselspiel von individueller Erinnerung und Geschichtsforschung 4.3 Die ¿45er¿ und die ¿68er¿ 4.3.1 Kriegskinder 4.3.2 Verhaltensmuster der ¿45er¿ 4.3.3 Die Generationslagerung der ¿68er¿ 4.3.4 Die Distanz der ¿45er¿ und ¿68er¿ 4.3.5 Generationsmentalität und Lernprozesse der ¿45er¿ 4.3.6 Impulse der ¿68er¿ und ihre Grenzen 4.3.7 ¿45er¿ und ¿68er¿ ¿ ein Generationenkonflikt? 4.4 Die Vermittlung der Erinnerung zwischen den Generationen 4.4.1 Die ¿Tradierungstypen¿ in den Interviewstudien von Welzer 4.4.2 Welzers ¿Tradierungstypen¿ in der autobiographischen Literatur? 4.4.3 Interviews als symmetrische Kommunikation? 4.4.4 Familienerinnerung und ¿Kultur der Niederlage¿ 5. Erfahrungsgeschichte als Wirkungsgeschichte Quellen und Literatur