Rechtspopulismus. Österreichische Krankheit oder europäische Normalität? - Taschenbuch

Es geht ein Gespenst um in Europa, das seit etwa zwei Jahrzehnten aufrechten Demokraten jeglicher Couleur den Angstschweiß auf die Stirn treibt. Es ist das Gespenst des Rechtspopulismus, von dem sich infolge wachsender sozioökonomischer Schieflagen und Staatsverdrossenheit immer mehr Menschen angezogen fühlen, wie der immense Zulauf der Haiders, Berlusconis, Blochers, Le Pens, Schirinowskis und wie sie alle heißen belegt. Ob es sich dabei nur um einen vorübergehenden Spuk handelt oder wirklich Anlass zur Sorge besteht, ist Thema des Buches Rechtspopulismus. Österreichische Krankheit oder europäische Normalität?, herausgegeben von Wolfgang Eismann, Institutsleiter an der Universität Graz.

In kritisch-analytischen Essays, die größtenteils aus einem Symposion der Grazer Geisteswissenschaftlichen Fakultät im März 2001 hervorgegangen sind, nehmen 16 namhafte Wissenschaftler und Publizisten aus acht europäischen Ländern zu einem international in dieser Ausprägung neuartigen Phänomen Stellung und betreiben Ursachenforschung. Ihr Fokus richtet sich mithin weniger auf die sattsam bekannten reaktionären, aggressiv antiparlamentarischen Extremisten mit offener Affinität zu Nazismus und Faschismus, als auf die modernen, weitgehend systemkonformen Mutanten der konservativen Rechten (in Osteuropa und Russland bisweilen auch der Linken), die sich als Rächer der Enterbten und Unterprivilegierten aufspielend mit halbwegs legalen Mitteln zur Macht(-beteiligung) drängen.

Bei aller wissenschaftlichen Ernsthaftigkeit ist der Beitrag "Dem Volks aufs Maul schauen, nach dem Mund reden und Angst und Bange machen" von Martin Reisigl ein Highlight mit Unterhaltungswert. Der Wiener Linguist nimmt hier am Fallbeispiel der FPÖ die Strategien der Anbiederung und die rhetorischen Tricks der populistischen Gladiatoren aufs Korn und untersucht die nationalistischen, rassistischen, fremdenfeindlichen, antietatistischen, antiglobalistischen Parolen und Diffamierungen, mit denen sie gegen das Establishment Front machen.

Trotz redaktioneller Mängel -- Erläuterungen von Fachbegriffen und Abkürzungen fehlen vielfach ebenso wie Register und Literaturhinweise -- ist dieses Buch für einschlägig Interessierte ein Muss. Nüchtern-objektiv bis entlarvend-polemisch, aber stets auf intellektuell anspruchsvollem Niveau liefert es eine Fülle von Argumenten für die politische Diskussion. --Roland Detsch