Brandherd Irak. - Taschenbuch

Am Vorabend des drohenden Krieges einer "Koalition der Willigen" im Gefolge der USA gegen die irakische Diktatur Saddam Husseins hat die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung einen Werkstattbericht zu den gegenwärtig drängendsten Fragen der Politik im Nahen Osten vorgelegt. Vor dem Hintergrund einer pointierten und treffsicheren Analyse der gegenwärtigen weltpolitischen Konflikt-Konstellationen und der Handlungsoptionen der verschiedenen Akteure, die der Herausgeber zu Beginn gibt, bietet der Band eine Fülle fachlich hochkompetenter Einzeluntersuchungen zu Fragen der politischen und militärischen Lage.

Teil eins des Buches widmet sich dem Irak, Teil zwei der "Politik des US-Hegemons". Der Bedeutung von UNO, Europa und der Internationalen Gemeinschaft zwischen Diplomatie und Krieg wird in Teil drei Rechnung getragen sowie der Zukunft der Region am Persischen Golf -- nach dem aus Sicht vom Februar 2003 allem Anschein nach nicht mehr zu verhindernden Krieg -- in Teil vier. Am Ende steht ein überzeugendes "Plädoyer für die Entwaffnung des Irak ohne Krieg", in dem die Autoren darüber hinaus politische Perspektiven für die gesamte Region aufzeigen.

In der Gesamtschau machen die allesamt wohltuend differenzierenden Beiträge des empfehlenswerten Bandes deutlich, dass es im Irak und im Nahen Osten nicht "nur" um die politische Stabilität bzw. Instabilität in einer an Krisen reichen Region geht oder um die Gefahr, die dort von einzelnen Staaten für den Weltfrieden ausgeht. Grundsätzlich geht es auch um die zukünftigen Koordinaten der Weltpolitik, die sich durch den Krieg sowie die Art seiner Begründung und seines Zustandekommens grundstürzend zu verschieben drohen.

Innerstaatlich hat es eine solche Koordinatenverschiebung in den USA bereits 1973 gegeben. Damals wurde durch den "War Powers Act" das Machtverhältnis zwischen Präsident und Kongress mit dessen Zustimmung in Kriegsfragen zu Gunsten des Präsidenten verschoben. Offenbar will sich George W. Bush heute ähnliche Sonderrechte gegenüber den Staaten der Welt sichern. Dass dieses Ansinnen für sich genommen eine Gefahr für die weltpolitische Stabilität darstellt, darüber ist man nach der Lektüre dieses Bandes ebenso im Bilde, wie darüber, dass es zu einem Krieg gegen den Irak Alternativen gegeben hätte, die zudem den Zielen, denen dieser Krieg dienen soll, womöglich dienlicher gewesen wären. --Andreas Vierecke