Beethovens Neunte : eine Biographie - gebunden oder broschiert

Eine Sinfonie erzählt ihre Geschichte. Hübsche Idee. Nicht nur ihr musikalisches Zustandekommen, das allein wäre bei diesem Werk schon interessant genug. Nein, sie berichtet von all den Menschen und Mächten, die sich im Laufe fast zweier Jahrhunderte ihrer bedienten, von Machthabern, die um die Urgewalt dieser Musik wussten und sie zum "Soundtrack" ihrer jeweiligen Ideologie erkoren. Olympioniken zogen unter den monumentalen Klängen des Schlusschorals in die Stadien ein, sogar Ur-Punker Alex aus Kubricks Film Uhrwerk Orange pflegte sie als Stimulans für seine Gewaltorgien aufzulegen. Ein symbolkräftiges, vielseitig verwendbares Werk also, Beethovens Neunte Sinfonie

Kaum war ihre Uraufführung im Jahre 1824 verklungen, begann die Neunte ihren Siegeszug als politisch erfolgreichstes Musikstück der westlichen Welt. Seit der Entstehung der Schillerverse "An die Freude" im Jahre 1785, einem Manifest der Aufklärung, hatte Beethoven an eine adäquaten Vertonung gedacht. Mit weniger als der endgültigen Auslotung der sinfonischen Form wollte er sich dabei nicht zufrieden geben. Teils militärische, dann wieder religiöse Anklänge schwebten ihm vor, schließlich ersann er den genialen Choral-Evergreen "Alle Menschen werden Brüder". Ein Hit war geboren.

Der Autor führt uns auf seiner musikalisch-politischen Spurensuche durch eine kulturgeschichtlich hochspannende Zeit, beginnend mit der Französischen Revolution und dem Aufkommen "politischer Musik", über die Verklärung Beethovens in der Romantik, seinen völligen Missbrauch durch die Nazis, bis hin zum neuerlichen Wiederaufleben seines Werkes als Hymne der Deutschen Einheit.

Wie schrieb Bettina von Arnim, die am heutigen Beethovenbild großen Anteil hat, so treffend: "In allem, was seine Kunst anbelangt, ist er so herrschend und wahrhaft, dass kein Künstler sich ihm zu nähern getraut, in seinem übrigen Leben aber so naiv, dass man aus ihm machen kann, was man will". Mit seiner Sinfonie hat man auch gemacht, was man wollte. Sie hat alles ausgehalten. --Ravi Unger