Zeit, das Visier zu öffnen (SIGNIERTES EXEMPLAR) - signiertes Exemplar

Geißler sieht Fehler bei der Person Helmut Kohl, der viele Probleme der Bevölkerung nicht mehr erkannte und zudem mit der unseligen Nachfolgediskussion um Wolfgang Schäuble dem politischen Gegner Munition lieferte. Letztlich hätten sich die Christdemokraten von der Bevölkerung entfernt und "mit der Realität der Gesellschaft hatte die CDU-Politik fast nichts mehr zu tun", so Geißler. Der Verlust des Charakters einer Volkspartei war die Folge und speziell diesen muß die Partei wiedergewinnen, ohne sich nach rechts anzubiedern.

Inhaltlich war für Geißler das Scheitern des "Bündnisses für Arbeit" der zentrale Fehlschlag. Dieser Mißerfolg überschattete viele sinnvolle Reformen und die CDU stand schlußendlich gar als Feind des Sozialstaates da. Besonders letzteres kränkt Geißler, der die soziale Marktwirtschaft als Grundlage unseres Systems sieht. Neoliberale Ideen Richtung Sozialstaatsabbau lehnt er ab und erteilt so auch seinen ehemaligen Koalitionspartnern aus dem Lager Westerwelle eine Abfuhr.

Geißler nimmt in seiner erstaunlich rasch nach der Bundestagswahl geschriebenen Abhandlung kein Blatt vor den Mund und weist den Partnerparteien FDP und CSU klare Mitschuld am Regierungsverlust zu. Nur so kann man sinnvolle Fehleranalyse betreiben und daraus für die Zukunft lernen. Daß er dabei die SPD kritisiert, ohne die grundlegende CDU-Politik gleichermaßen zu hinterfragen, liegt bei einem parteiorientierten Buch nahe. Und Geißler erhebt ja auch gar nicht den Anspruch, die CDU neu zu erfinden. Er appelliert an seine Partei, sich diskussionsfreudig klassischer christdemokratischer Werte zu besinnen. --Joachim Hohwieler