Deutsche Erinnerungsorte Band III.Bd.3: Ausgezeichnet mit dem Preis Das Historische Buch, Kategorie Zeitgeschichte 2001 - gebunden oder broschiert

Vergangenheit lebt durch die Erinnerung und stirbt durch das Vergessen. Genau so sicher, wie es dabei verschiedene Wege des Erinnerns gibt, existiert in allen Gesellschaften die Gefahr, Vergangenheit selektiv zu verformen, zu instrumentalisieren und damit Erinnerungspolitik zu betreiben. Gerade die Geschichte der Deutschen ist hierfür ein lehrreiches Beispiel. Viele Beiträge im dritten Band der Reihe Deutsche Erinnerungsorte behandeln dieses Problem oder streifen es zumindest.

Wie auch in den beiden ersten Büchern der Reihe (Deutsche Erinnerungsorte I, Deutsche Erinnerungsorte II) ist es den Herausgebern in diesem abschließenden Band gelungen, sehr kompetente Autoren für die Beiträge zu gewinnen. So findet sich im Themenblock "Gemüt" eine Abhandlung zum "Deutschen Wald" von Albrecht Lehmann, unter dem Stichwort "Heimat" eine gelehrte Betrachtung zum Phänomen "Neuschwanstein" von Catharina Clemens. Diese verdeutlicht im Übrigen -- wie auch der Artikel über Heidelberg --, wie weit die Vermarktung von Erinnerungsorten und damit auch ihre Internationalisierung inzwischen vorangeschritten sind.

Überaus interessant lesen sich die Beiträge zum Thema "Glaube und Bekenntnis". Dort gesellen sich zum "Evangelischen Pfarrhaus" und "Oberammergau" drei Abschnitte, die eine Erscheinung behandeln, die in ihrer extremen Ausprägung wohl auch als typisch deutsch zu klassifizieren ist: Politische Religionen. Iring Fetscher, profunder Kenner politischer Theorie, tut dies am Beispiel "Marx/Engels", Sabine Behrenbeck am "Heils"-Begriff. Dabei stellt sie zutreffend fest, dass mit dem Nationalsozialismus der "totalen Heilserwartung die totale Unheilserfahrung folgte". Damit muss sich der vor dieser Zeit weitgehend neutrale Begriff durch dieses historische "Nadelöhr" zwängen und ist wohl für immer diskreditiert.

Aufschlussreich ist ebenfalls der Beitrag von Albrecht Döhnert über die "Jugendweihe". Dabei stellt sich heraus, dass -- entgegen landläufiger Vermutung -- diese Einrichtung nicht ein Kind der DDR ist, sondern auf eine 150-jährige Vergangenheit zurückblickt. In der Kaiserzeit als freireligiöse Konfirmation eingeführt, war die Jugendweihe in der Weimarer Republik Teil der Arbeiterkulturbewegung, wurde dann als rituelles Instrument des Nationalsozialismus und ab 1957 des DDR-Sozialismus missbraucht.

Insgesamt betrachtet erfüllt damit auch der dritte Band die durch seine beiden Vorgänger geweckten hohen Erwartungen und bildet den Schlussstein einer überaus gelungenen Reihe. --Dr. Manfred Schwarzmeier