Chirurgische Onkologie - gebunden oder broschiert

Wenn auch beinahe täglich alternative Verfahren oder angebliche Wundermittel gegen den Krebs Medien und Öffentlichkeit beschäftigen, so ist doch die chirurgische Therapie die Methode der Wahl bei der Bekämpfung der meisten Malignome. Die ständige Weiterentwicklung der OP-Techniken und vor allem das in Jahrzehnten gesammelte klinische Wissen der unzähligen zuverlässigen Operateure in deutschen Kliniken retten garantiert mehr Leben als alle unkonventionellen Therapien dieser Welt zusammen. Das besondere Verdienst des Lehrbuchs von Becker et al. liegt in der Zusammenführung des Erfahrungsschatzes führender deutscher Schwerpunkt- bzw. Universitätskliniken zu einem einheitlichen, vollständigen und zuverlässigen Standardwerk.

Außenstehende können wohl nur erahnen, welche Diskussionen sich im Vorfeld zwischen den Teams etwa aus Berlin, Erlangen oder Tübingen abgespielt haben müssen. Am Resultat ist jedenfalls nichts zu bekritteln: Das naturgemäß thematisch breit angelegte Buch streift viele verwandte Gebiete wie beispielsweise die Hypothesen zur Krebsentstehung oder die Histopathologie nur kurz und konzentriert sich stets auf die praxisrelevanten Kernfragen der Tumorchirurgie. Wo zur Auswahl des optimalen OP-Verfahrens Kriterien wie Staging oder Differenzierungsgrad herangezogen werden müssen, ist der Text wiederum ausgesprochen detailliert und macht dank der Kompetenz der Autoren auf ihren Paradestrecken den spärlichen Eindruck des allgemeinen Teils schnell wett. Der Leser findet selten mehr als ein paar Zeilen über die gegebenenfalls vorangehende oder anschließende Chemotherapie; etwas verwundert es vielleicht, dass exotische Ansätze wie die in der Bundesrepublik wenig bekannte regionale Hyperthermie trotzdem Eingang in das Buch fanden. Den überaus positiven Gesamteindruck können solche Kuriositäten aber kaum schmälern.

Die Chirurgische Onkologie wird in dieser Form künftig wohl einen festen Platz im Kanon für angehende Fachärzte aller chirurgischen Disziplinen einnehmen. Die Angleichung der Vorgehensweisen bei einzelnen Tumorarten zumindest unter den tonangebenden deutschen Kliniken hat hoffentlich Signalwirkung für viele andere chirurgische Abteilungen hier zu Lande: Damit das vorhandene Know-how nicht Elitewissen einzelner Häuser bleibt und die Therapiemethoden bundesweit transparenter werden. --Philipp-R. Schulz