1993, ISBN: 9783050023854

[PU: Berlin: Akademie], 330, [9] S. : Ill., gebundene Ausgabe. Leichte Lese- und Gebrauchsspuren, insgesamt noch gutes Ex. - „Wie kann ein vernünftiger Mensch über Friedrich Sieburg… Mehr…

[PU: Berlin: Akademie], 330, [9] S. : Ill., gebundene Ausgabe. Leichte Lese- und Gebrauchsspuren, insgesamt noch gutes Ex. - „Wie kann ein vernünftiger Mensch über Friedrich Sieburg promovieren?" Arnulf Baring war, gelinde gesagt, skeptisch, als ich ihm von meinem Vorhaben erzählte. Ebenso der ehemalige Kulturattache in Paris, Jörg von Uthmann, der sich doch gern als Sieburgs Nachfolger sah und mir dessen Frankreichbücher für mein erstes Pariser Jahr in die Hand gedrückt hatte: „Lohnt das?", versuchte er meinen Elan zu bremsen. Auf ähnliche Widerstände stieß ich mit meinem Projekt zunächst überall. Mein germanistischer Doktorvater Horst Domdey konnte sich die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Starjournalisten der Frankfurter Zeitung und ihrer Nachfolgerin, der FAZ, nur als „Abrechnung" vorstellen. Die in den achtziger Jahren entstehende Sieburg-Forschung (die natürlich Sieburgs wichtigste Texte, seine Nachkriegspublizistik, gar nicht erst zur Kenntnis nahm), habe ja den Weg gewiesen. Selbst Sieburg-Fans, heute meist im Rentenalter — Dreißigjährigen ist er weitgehend unbekannt —, sahen in meinem Studienobjekt lediglich den brillanten Schreiber, den sie gern zu abendlicher Stunde bei einem Glas Rotwein goutierten. Doch ich ließ mich nicht abbringen von meiner These: Sieburg wurde nach vielerlei Wirrnissen und Wandlungen zu einer der wichtigsten Figuren für die politisch-kulturelle Umorientierung in der jungen Bundesrepublik. Wie kein anderer aus dem bürgerlichen Lager propagierte er nach 1945 intellektuelle Westbindung und den Abschied vom deutschen Sonderbewußtsein. Dies zu zeigen, ist das Ziel der vorliegenden Arbeit. Die oben genannten Zweifler vermochte sie zu überzeugen. Erfreulich wäre, wenn sie weitere Gebildete unter Sieburgs Verächtern erreichte und vor allem : wenn sie ihm unter den Jüngeren neue Leser zuführte. II. Mit den Thesen vom „deutschen Sonderweg" und dem „deutschen Sonderbewußtsein" versucht die jüngere Geschichtswissenschaft eine Erklärung der politischen Katastrophen, die von Deutschland in diesem Jahrhundert ausgegangen sind. Dabei rücken Traditionen vormodernen politischen Denkens einerseits, Mentalitätsmuster wie Autoritätshörigkeit, Innerlichkeitskult, antiwestliche Ressentiments, Hang zum Absoluten oder die Unfähigkeit zur Kultur des Kompromisses andererseits in den Blick. Nach 1945 scheint das alles weitgehend verschwunden. Deutschland (West) entwickelte sich zu einer stabilen Demokratie, die sich offen und unmißverständlich zu den Werten der westlichen Welt bekannte. Doch wie kam es dazu? Natürlich gab es die Umerziehung durch die Alliierten, die konsequente westliche Eingliederungspolitik in Adenauers „Kanzlerdemokratie". Aber wie die Bevölkerung, und hierbei insbesondere das deutsche Bürgertum, für diese Umorientierung gewonnen werden konnte, ist noch weitgehend unerforscht. Eine intellektuelle Führungsfigur der Nachkriegszeit war der francophile Publizist und Journalist Friedrich Sieburg (1893—1964). Als Mitherausgeber der „Gegenwart" (1948—1956) und als Leiter des Literaturteils der FAZ (1957-1964) hat er entscheidenden Anteil an der nun entstehenden politischen und kulturellen Westbindung. Vor allem in seinen Literaturkritiken, die versuchten, die Deutschen zu einer gesellschaftlichen Einbindung der Literatur zu erziehen, sie von der Versenkung ins Reich der Theorien abseits der Zeitläufe abzubringen, aber auch in anderen Texten, die Hedonismus statt Heroismus und Lust am Leben statt „Lust am Untergang" propagierten, hat Sieburg einen entscheidenden Beitrag zur Herausbildung eines demokratischen Bewußtseins in Deutschland geleistet. Er war wie wenige dazu geeignet, den Abschied von den „deutschen Dunkelheiten" zu formulieren, denn er hatte sie, wie einmal Thomas Mann sagte, auch in sich, hatte „alles am eigenen Leibe erlebt": Er stand als jugendlicher Anhänger Stefan Georges in der heroisch-apolitisch-asketischen Tradition deutscher „Geistigkeit" . Er war im Ersten Weltkrieg zum „soldatischen Mann" im Sinne Klaus Theweleits geworden. Er gehörte mit seinen anti-demokratischen Ideen zu den Befürwortern einer „konservativen Revolution" in der großen Werte-Krise um 1930, und er begrüßte die Diktatur Hitlers als nationale Wiedergeburt. Aber es gab auch eine widerstreitende Prägung durch Frankreich und die französische Zivilisationsidee, der er sich seit 1926, als er den Posten des Pariser Auslandskorrespondenten der Frankfurter Zeitung übernahm, so sehr aussetzte, daß er fast selbst zum Franzosen wurde. Im Laufe der dreißiger Jahre ging er immer stärker auf (innere) Distanz zum Nationalsozialismus. Nach dem Krieg schließlich, als er wieder frei schreiben konnte, setzte er alles daran, die eigenen Irrtümer, die die meisten seiner Landsleute geteilt hatten, wieder gutzumachen. Das ist ihm nicht gedankt worden. Weder von den Intellektuellen der fünfziger und sechziger Jahre, die immer noch deutsch genug waren, seinen Liberalismus und Pragmatismus, seine „einfachen Lehren" der Gesittung, des „nachbarlichen" Zusammenlebens und der Rehabilitierung der Person nicht anspruchsvoll genug zu finden, noch von den Meisterdenkern der siebziger und achtziger Jahre, die, ideologisch borniert, Sieburgs Arrangement mit dem Nationalsozialismus mißverstanden und überbetonten. Es scheint also überfällig, endlich seine Lebensleistung zu würdigen bzw. sie dem deutschen Publikum ins Gedächtnis zu rufen. (Vorwort) IS, DE, [SC: 5.00], gebraucht; gut, gewerbliches Angebot, [GW: 1000g], Banküberweisung, Offene Rechnung, PayPal, Internationaler Versand<

1993, ISBN: 3050023856

[EAN: 9783050023854], Gebraucht, sehr guter Zustand, [PU: Berlin: Akademie], SIEBURG, FRIEDRICH, POLITIK, KULTURGESCHICHTE, JOURNALISMUS, 330, [9] S. : Ill., Leichte Lese- und Gebrauchssp… Mehr…

[EAN: 9783050023854], Gebraucht, sehr guter Zustand, [PU: Berlin: Akademie], SIEBURG, FRIEDRICH, POLITIK, KULTURGESCHICHTE, JOURNALISMUS, 330, [9] S. : Ill., Leichte Lese- und Gebrauchsspuren, insgesamt noch gutes Ex. - „Wie kann ein vernünftiger Mensch über Friedrich Sieburg promovieren?" Arnulf Baring war, gelinde gesagt, skeptisch, als ich ihm von meinem Vorhaben erzählte. Ebenso der ehemalige Kulturattache in Paris, Jörg von Uthmann, der sich doch gern als Sieburgs Nachfolger sah und mir dessen Frankreichbücher für mein erstes Pariser Jahr in die Hand gedrückt hatte: „Lohnt das?", versuchte er meinen Elan zu bremsen. Auf ähnliche Widerstände stieß ich mit meinem Projekt zunächst überall. Mein germanistischer Doktorvater Horst Domdey konnte sich die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Starjournalisten der Frankfurter Zeitung und ihrer Nachfolgerin, der FAZ, nur als „Abrechnung" vorstellen. Die in den achtziger Jahren entstehende Sieburg-Forschung (die natürlich Sieburgs wichtigste Texte, seine Nachkriegspublizistik, gar nicht erst zur Kenntnis nahm), habe ja den Weg gewiesen. Selbst Sieburg-Fans, heute meist im Rentenalter — Dreißigjährigen ist er weitgehend unbekannt —, sahen in meinem Studienobjekt lediglich den brillanten Schreiber, den sie gern zu abendlicher Stunde bei einem Glas Rotwein goutierten. Doch ich ließ mich nicht abbringen von meiner These: Sieburg wurde nach vielerlei Wirrnissen und Wandlungen zu einer der wichtigsten Figuren für die politisch-kulturelle Umorientierung in der jungen Bundesrepublik. Wie kein anderer aus dem bürgerlichen Lager propagierte er nach 1945 intellektuelle Westbindung und den Abschied vom deutschen Sonderbewußtsein. Dies zu zeigen, ist das Ziel der vorliegenden Arbeit. Die oben genannten Zweifler vermochte sie zu überzeugen. Erfreulich wäre, wenn sie weitere Gebildete unter Sieburgs Verächtern erreichte und vor allem : wenn sie ihm unter den Jüngeren neue Leser zuführte. II. Mit den Thesen vom „deutschen Sonderweg" und dem „deutschen Sonderbewußtsein" versucht die jüngere Geschichtswissenschaft eine Erklärung der politischen Katastrophen, die von Deutschland in diesem Jahrhundert ausgegangen sind. Dabei rücken Traditionen vormodernen politischen Denkens einerseits, Mentalitätsmuster wie Autoritätshörigkeit, Innerlichkeitskult, antiwestliche Ressentiments, Hang zum Absoluten oder die Unfähigkeit zur Kultur des Kompromisses andererseits in den Blick. Nach 1945 scheint das alles weitgehend verschwunden. Deutschland (West) entwickelte sich zu einer stabilen Demokratie, die sich offen und unmißverständlich zu den Werten der westlichen Welt bekannte. Doch wie kam es dazu? Natürlich gab es die Umerziehung durch die Alliierten, die konsequente westliche Eingliederungspolitik in Adenauers „Kanzlerdemokratie". Aber wie die Bevölkerung, und hierbei insbesondere das deutsche Bürgertum, für diese Umorientierung gewonnen werden konnte, ist noch weitgehend unerforscht. Eine intellektuelle Führungsfigur der Nachkriegszeit war der francophile Publizist und Journalist Friedrich Sieburg (1893—1964). Als Mitherausgeber der „Gegenwart" (1948—1956) und als Leiter des Literaturteils der FAZ (1957-1964) hat er entscheidenden Anteil an der nun entstehenden politischen und kulturellen Westbindung. Vor allem in seinen Literaturkritiken, die versuchten, die Deutschen zu einer gesellschaftlichen Einbindung der Literatur zu erziehen, sie von der Versenkung ins Reich der Theorien abseits der Zeitläufe abzubringen, aber auch in anderen Texten, die Hedonismus statt Heroismus und Lust am Leben statt „Lust am Untergang" propagierten, hat Sieburg einen entscheidenden Beitrag zur Herausbildung eines demokratischen Bewußtseins in Deutschland geleistet. Er war wie wenige dazu geeignet, den Abschied von den „deutschen Dunkelheiten" zu formulieren, denn er hatte sie, wie einmal Thomas Mann sagte, auch in sich, hatte „alles am eigenen Leibe erlebt": Er stand als jugendlicher Anhänger Stefan Georges in der heroisch-apolitisch-asketischen Tradition deutscher „Geistigkeit" . Er war im Ersten Weltkrieg zum „soldatischen Mann" im Sinne Klaus Theweleits geworden. Er gehörte mit seinen anti-demokratischen Ideen zu den Befürwortern einer „konservativen Revolution" in der großen Werte-Krise um 1930, und er begrüßte die Diktatur Hitlers als nationale Wiedergeburt. Aber es gab auch eine widerstreitende Prägung durch Frankreich und die französische Zivilisationsidee, der er sich seit 1926, als er den Posten des Pariser Auslandskorrespondenten der Frankfurter Zeitung übernahm, so sehr aussetzte, daß er fast selbst zum Franzosen wurde. Im Laufe der dreißiger Jahre ging er immer stärker auf (innere) Distanz zum Nationalsozialismus. Nach dem Krieg schließlich, als er wieder frei schreiben konnte, setzte er alles daran, die eigenen Irrtümer, die die meisten seiner Landsleute geteilt hatten, wieder gutzumachen. Das ist ihm nicht gedankt worden. Weder von den Intellektuellen der fünfziger und sechziger Jahre, die immer noch deutsch genug waren, seinen Liberalismus und Pragmatismus, seine „einfachen Lehren" der Gesittung, des „nachbarlichen" Zusammenlebens und der Rehabilitierung der Person nicht anspruchsvoll genug zu finden, noch von den Meisterdenkern der siebziger und achtziger Jahre, die, ideologisch borniert, Sieburgs Arrangement mit dem Nationalsozialismus mißverstanden und überbetonten. Es scheint also überfällig, endlich seine Lebensleistung zu würdigen bzw. sie dem deutschen Publikum ins Gedächtnis zu rufen. (Vorwort) ISBN 3050023856 Sprache: Deutsch Gewicht in Gramm: 1000, Books<

1993, ISBN: 3050023856

[EAN: 9783050023854], Gebraucht, sehr guter Zustand, [PU: Berlin : Akad.-Verl.], SIEBURG, FRIEDRICH, GESCHICHTE UND HISTORISCHE HILFSWISSENSCHAFTEN, DEUTSCHE SPRACH- LITERATURWISSENSCHAFT… Mehr…

[EAN: 9783050023854], Gebraucht, sehr guter Zustand, [PU: Berlin : Akad.-Verl.], SIEBURG, FRIEDRICH, GESCHICHTE UND HISTORISCHE HILFSWISSENSCHAFTEN, DEUTSCHE SPRACH- LITERATURWISSENSCHAFT, 330, [9] S. : Ill. ; 25 cm Das Buch befindet sich in einem ordentlich erhaltenen Zustand. Einige Anstreichungen im Text. Sprache: Deutsch Gewicht in Gramm: 1000, Books<